Erbbaurecht

[174] Erbbaurecht: das Recht, auf einem fremden Grundstück für einen bestimmten Zeitraum (zumeist 60–100 Jahre) eines oder mehrere Gebäude als Eigentum zu besitzen, und zwar gegen eine jährliche Abgabe, den »Erbbauzins«.

Das Erbbaurecht kann bestehen, verpfändet, verkauft werden. Nach Ablauf der Vertragszeit fällt das Grundstück nebst allen Baulichkeiten und Zubehör in den unbeschränkten Besitz des Bodeneigentümers zurück. Ueber die Frage, ob und welche Schadloshaltung er dem Erbbauberechtigten für die Gebäude zu leisten hat, entscheiden im Rahmen des Reichsgesetzes von 1918 vertragliche Vereinbarungen. In der Regel ist ein beträchtlicher Teil des Bestandwertes zu vergüten. Die früher bestandenen Schwierigkeiten der Beleihung sind gleichfalls durch das genannte Gesetz im wesentlichen beseitigt. Die Vergebung des Bodens im Erbbaurecht wird vielfach vom Staat, von der Gemeinde u.s.w. der Eigentumsveräußerung durch Verkauf vorgezogen, um in den nach Ablauf der Vertragszeit voraussichtlich vorhandenen Wertzuwachs einzutreten. In Erwartung dieses Zuwachses kann der Erbbauzins zugunsten der Bewohner auf einen unter dem üblichen Zinsfuß liegenden Prozentsatz (in der Regel 31/2, 3 oder 21/2%) festgesetzt werden, ohne voraussichtlich den Bodeneigentümer zu schädigen. Auch wird durch die beschränkte Verfallzeit die Spekulation in mäßigen Grenzen gehalten. Aus diesen beiden Gründen wird die Anwendung des Erbbaurechts vom Standpunkte der Wohnungsreform (s.d.) empfohlen.

Stübben.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 174.
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