Längenbestimmungen

[469] Längenbestimmungen. Der Artikel in Bd. 6, S. 30, enthält nur einen kurzen Hinweis auf die Möglichkeit der Ausführung von Längenbestimmungen mittels drahtloser Telegraphie. Seitdem ist diese Methode aber erheblich ausgebildet und vielfach benutzt worden.

An die Stelle der Fritterempfänger sind solche von wesentlich größerer Empfindlichkeit getreten, Thermodetektoren, elektrolytische und andre. Die Sicherheit der Signalgebung und vor allem deren Reichweite hat außerordentlich zugenommen. Es sind in neuerer Zeit Zeitübertragungen zu Längenzwecken zwischen Paris und Algier, Paris und Washington ausgeführt worden. In ausgedehnter Weise ist bei den deutsch-französischen Grenzregulierungen in Neu-Kamerun Gebrauch von der radiotelegraphischen Zeitübertragung mit gutem Erfolge gemacht worden.

Die Methode hat erst zu solchen Zwecken weitere Verbreitung gefunden, nachdem es mehreren Instituten gelungen war, kleine handliche und leicht transportable Empfangseinrichtungen zu konstruieren. Apparate solcher Art von wenigen Kilogramm Gewicht sind jetzt für 400–600 ℳ. im Handel. Auch die Zeitübertragung zu Längenbestimmungen mittels Kabel hat an Ausdehnung und damit an Wert für die praktischen Zwecke der Schiffahrt gewonnen. Von der Hamburger Sternwarte (Bergedorf) werden regelmäßige Signale nach den Azoren (Horta) gegeben, wodurch dort eine Uhr in steter Kontrolle mit den Normaluhren der Sternwarte gehalten werden kann. Dadurch sind die Schiffsführer in der Lage, beim Anlaufen der Insel das Verhalten ihrer Uhren, wie sich dasselbe auf See während der Fahrt ergibt, zu bestimmen und damit dann die Weiterrechnung sicher zu gestalten. Neuerdings sind aber auch fast alle größeren und besonders Passagiere befördernde Schiffe mit Gebe- und Empfangsstationen für radiotelegraphische Signale ausgestattet, so daß dieselben jetzt fast an jeder Stelle der Hauptfahrstraßen Depeschen von Land und also auch Zeitsignale aufnehmen können. – Die Genauigkeit, mit der die radiotelegraphischen Zeitsignale gegeben und aufgenommen werden, ist einmal von dem benutzten Funkensystem (Löschfunken, Markonisystem, ungedämpfte Wellen u.s.w.) abhängig, dann aber auch in gewissem Maße von der Anordnung der Signale. In dieser Beziehung unterscheiden sich die beiden für Europa wesentlichen Signalsysteme von Paris und Norddeich. Paris gibt nach Markonisystem vormittags um 11 Uhr 45 Min., 11 Uhr 47 Min. und 11 Uhr 49 Min. und Nachts um 12 Uhr 45 Min, 47 Min. und 49 Min. (M.-E. Zt.) Einzel-Zeitsignale von 1/3 Sekunden Dauer, die durch vorhergehende Avertissements angezeigt werden. Das Norddeicher Signal besteht aus 6 Gruppen von je 5 Einzelsignalen, die von 12 Uhr 58 Min. 46 Sek. (M.-E. Zt.) bis 1 Uhr 0 Min. 0 Sek. mittags und um dieselbe Stunde nachts in nachstehender Anordnung gegeben werden:


Längenbestimmungen

Schlußzeichen. Darauf folgen die Wetterdepeschen. Die Wellenlänge für Paris ist nahe 3000 Meter, die für Norddeich 1400 Meter. Vgl. a. Telegraphie ohne Draht.


Literatur: Man vergleiche dazu J. Zenneck, Leitfaden der drahtlosen Telegraphie, 2. Aufl., Stuttgart 1913; auch dessen: Elektromagnetische Schwingungen und drahtlose Telegraphie, Stuttgart[469] 1905, und die Publikationen der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie (Telefunken), die Publikationen der Firma E.F. Huth, »Die Antenne«. Diese enthalten auch Angaben über zweckmäßige Einrichtung kleinerer Stationen und über den Bau und die Behandlung der einschlägigen Apparate. Umfangreiche Literaturangaben finden sich in: H. Rein, Radiotelegraphisches Praktikum, Berlin 1912.

L. Ambronn.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 469-470.
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