Potential [3]

[199] Potential , elastisches. Die Arbeit zur Ueberwindung der inneren Kräfte (s. Verschiebungsarbeit) beliebiger Körper für den Fall, daß die Spannungen konstant wie am Ende der betreffenden Verschiebungen wären (die virtuelle Verschiebungsarbeit), ist unter den im Art. Elastizitätslehre, allgemeine, Bd. 3, S. 389, eingeführten Voraussetzungen und Bezeichnungen für die Volumeneinheit bei x, y, z ausgedrückt [4], S. 107:

ϑ = Xx xx + Xy xy + Xz xz + Yx yx + Yy yy + Yz yz + Zx zx + Zy zy + Zz zz.

1.


Für ein Körperelement vom Volumen d K daselbst ist sie d K und für einen ganzen Körper bei Ausdehnung der Integration auf alle Volumenelemente:


Potential [3]

Die Spannungen bei x, y, z sind nach 1.:


Potential [3]

Wenn nun, wie in der Elastizitätslehre für feste Körper von konstanter Temperatur, die Spannungen Xx, Xy, ... als Funktionen der Verschiebungen xx, xy, ... allein gelten (für isotrope Körper s. Bd. 3, S. 391), so lassen sie sich nach 3. als Differentialquotienten einer nur von den augenblicklichen Lagen der Körperpunkte abhängigen Funktion 1., 2. darstellen, welche Potential der inneren Kräfte oder elastisches Potential heißt.

Da für feste Körper von konstanter Temperatur unter den üblichen Voraussetzungen im Falle schließlichen Gleichgewichts die virtuelle Verschiebungsarbeit (r) gleich dem Doppelten der wirklichen Verschiebungsarbeit D ist (d.h. der wirklichen Arbeit zur Ueberwindung der inneren Kräfte, vgl. Clapeyrons Theorem und [4], S. 167), so werden anstatt ϑ, D oft ϑ|2, D|2 oder – ϑ|2, – D|2 Potential der inneren Kräfte oder elastisches Potential genannt. Ausdrücke von ϑ, D s. Verschiebungsarbeit und die angeführte Literatur; über das Potential der Verschiebungen [4], S. 24, 80, 121, 126, über das Potential der Spannungen [4], S. 50, 94, 124, 127, 142, 145, über andre Potentiale in der Elastizitätslehre s. Potential der Verrückungen und [5], S. 57.


Literatur: [1] Navier, Résumé des leçons etc. sur l'application de la mécanique, avec des notes et des appendices de Saint-Venant, Paris 1864, S. 783. – [2] Kirchhoff, Vorlesungen über mathematische Physik, Mechanik, Leipzig 1877, S. 123, 390, 394, 417, 455. – [3] Castigliano, Théorie de l'équilibre des systèmes élastiques, Turin 1879 (deutsch von Hauff, Wien 1886). – [4] Weyrauch, Theorie elastischer Körper, Leipzig 1884, S. 107, 108, 162, 165, 166. – [5] Boussinesq, Application des potentiels à l'étude de l'équilibre et du mouvement des solides[199] élastiques, Paris 1885. – [6] Winkelmann, Handbuch der Physik, I. Allgemeine und spezielle Mechanik, Akustik, Breslau 1891, S. 233, 276. – [7] Poincaré, Leçons sur la théorie de l'élasticité, Paris 1892, S. 31. – [8] Finger, Das Potential der inneren Kräfte u.s.w. bei Berücksichtigung von Gliedern, die bezüglich der Deformationselemente von dritter bezw. zweiter Ordnung sind, Sitzungsberichte der Wiener Akademie 1894, S. 103, 231 (s.a. S. 1073). – [9] Voigt, Kompendium der theoretischen Physik, I, Leipzig 1895, S. 332, 337, 339 (s.a. Wiedemanns Annalen 1894, LII, S. 536). – [10] Girtler, Ueber das Potential der Spannungskräfte als Maß der Bruchgefahr, Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien 1907, S. 509.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 199-200.
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