Tagebau auf Braunkohlen

[756] Tagebau auf Braunkohlen (vgl. Tag, Bd. VIII, S. 412). Die Gewinnung der erdigen Braunkohle hat in Norddeutschland erheblich an Umfang zugenommen, seitdem durch das Brikettieren (s.d.) eine weitgehende Veredelung der Rohkohle möglich geworden ist.

Sowohl beim Abdecken der Flöze als auch bei deren Abbau finden in großem Umfange Trockenbagger (vgl. Bagger, Bd. I, S. 462) Anwendung, und zwar bei weicherer Kohle Eimerkettenbagger, bei härterer Kohle Löffelbagger, auch Schaufelbagger genannt. Bei großer Mächtigkeit der Flöze reichen aber diese Hilfsmittel nicht aus und es sind daher eigenartige Kohlenabbaumaschinen gebaut worden [1]. Die Vorrichtung von Berrendorf arbeitete von einem auf dem Hangenden des Flözes fahrbaren Maschinenkaufe aus mit pflugartigen Werkzeugen, die am schräggehaltenen Kohlenstoße an Zugketten und Führungsfeilen auf und ab bewegt wurden. Der Kohlenhauer, Patent Hilgers, führte statt des Kohlenpfluges eine Schneidetrommel ein, die ebenfalls am schrägen Stoße auf- und abwärts bewegt wurde. Die gelöste Kohle fiel in einen Füllrumpf und wurde aus diesem in Hunde verladen, dann blieben jedoch die untersten etwa 5 m des Flözes stehen und mußten mit Hand gewonnen werden; oder ein auf der Tagbausohle fahrbares Becherwerk nahm die Kohle auf und füllte sie in die Hunde. – Eine andre Einrichtung hat die Braunkohlenfräse- und Fördermaschine, Type Wischow. Ein auf Eisenbahngleisen auf der Tagebausohle fahrbares Maschinenhaus trägt ein senkrechtes Gestell von etwa 30 m Höhe, an diesem können zwei rotierende, elektrisch angetriebene Frässcheiben auf- und abwärts bewegt werden, die gelöste Kohle wird von einem angebauten Becherwerk aufgenommen und zur Verladung einem Füllrumpfe zugehoben. Der hohe senkrechte Stoß blieb jedoch nicht stehen, man verließ deshalb auch diese Bauart.

Zurzeit ist in Ausführungen von verschiedener Größe der Braunkohlenbagger des Gruhlwerkes mit Erfolg in Betrieb (s. die Figur) [2], [3]; er wird gebaut von der Lübecker Maschinenbaugesellschaft. Gegen das fahrbare Baggerhaus A stützen sich starke Ausleger B, an denen mittels Drahtseilen und Flaschenzügen C die Schrämkettenleiter D hängt. Um diese und zwei Turas ist die mit starken Messern besetzte Schrämkette geführt. Der Kohlenstoß wird etwa unter 75° Neigung gehalten, der Antrieb erfolgt elektrisch. Bei den neueren Bauarten heben zwei seitlich neben der Schrämkette angeordnete Becherwerke E die geschrämte Kohle auf ein wagrechtes Förderband F, und von diesem wird sie in den Verladetrichter G abgestrichen. Die Becherwerke bearbeiten zugleich den untersten Teil des Kohlenstoßes. Der Verladetrichter ist auf einem, hinten am Baggerhaus angebauten Ausleger fahrbar, so daß die Hundegleise längere Zeit liegen bleiben können, während das Baggergleis öfter vorgerückt[756] werden muß. Der Bagger fährt langsam an einem mehrere hundert Meter langen Stoße entlang und gestattet aus einer Gleislage eine Schnittiese von etwa 1,5 m durch allmähliches Senken der Schrämleiter. In täglich zweischichtigem Betriebe beträgt die Jahresleistung über 1 Million Tonnen, die Arbeit ist, einschließlich Amortisation und Verzinsung der gesamten Baggeranlage im Preise von etwa 140000 ℳ.

für die größte Ausführung, billiger als Handarbeit. Ein großer Vorteil liegt darin, daß mehrere hundert Arbeiter durch einen Bagger ersetzt werden können.


Literatur: [1] Festschrift zum XI. Allgem. Deutsch. Bergmannstage in Aachen 1910. Der Bergbau auf der linken Seite des Niederrheins. Teil IV, Der Braunkohlenbergbau, S. 79. – G. Neidhardt, Die maschinelle Kohlengewinnung im Abbau und bei der Vorrichtung im niederrheinischen Braunkohlenrevier, mit 8 Taf. und 15 Abb. – [2] Preußische Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, 1908, S. 131. – [3] Druckschriften der Lübecker Maschinenbau-Gesellschaft.

Treptow.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 756-757.
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