Wetterkarten [2]

[664] Wetterkarten dienen der graphischen »synoptischen« Darstellung gleichzeitiger Wetterbeobachtungen (Windrichtung und -stärke, Bewölkung, Niederschlag/24 Stunden, Temperatur und Luftdruck); sie haben außer der bloßen Nachrichtenübermittlung über den Wetterzustand in weiterer Umgebung die Prognose oder Vorausberechnung des Wetters zum Zweck.

Tägliche Wetterkarten werden in allen Kulturzentren veröffentlicht. Die amerikanischen, die in Washington erscheinen, umfassen ganz Nordamerika; die ostasiatischen (Manila) dienen besonders der Taifunwarnung. In Europa veröffentlichen alle größeren meteorologischen Institute Wetterkarten: London, Paris, Rom, Zürich, Utrecht, Kopenhagen, Kristiania, Stockholm, Wien, Budapest; in Deutschland gab zuerst die Deutsche Seewarte (Neumayer) 1874 Wetterkarten heraus. Allmählich folgten die Bundesstaaten nach. 1906 wurde dann dazu für landwirtschaftliche Interessen der norddeutsche Wetterdienst eingerichtet mit einer Reihe von öffentlichen Wetterdienststellen und Nebenstellen, die im Auftrage des preußischen Landwirtschaftsministeriums arbeiten. Die deutschen Wetterkarten geben die Wetterbeobachtungen von 8 Uhr früh, 2 Uhr nachmittags und 7 Uhr abends (MEZ.) wieder. Sie umfaßten vor dem Kriege einen Bereich von Spitzbergen bis Sizilien, von Spanien bis zum Ural. Vor dem Kriege wurden die Beobachtungen telegraphisch gesammelt; nach dem Kriege versagt allenthalben die telegraphische Uebermittlung infolge des Zusammenbruchs von Moral und Material, und es wird deshalb die funkentelegraphische Uebermittlung für die Mitteilung der länderweise gesammelten Beobachtungen versucht. Vor dem Kriege trafen die telegraphischen Wettermeldungen von 8 Uhr früh von rund 120 meteorologischen Stationen einzeln zwischen 8 und 101/2 Uhr vormittags bei der Sammelstelle (Deutsche Seewarte in Hamburg, Abt. III) ein, wurden dort zusammengestellt und gelangten als Sammeltelegramme vormittags noch zu den Wetterdienststellen, die eine Stunde später bereits die Wetterkarten herausgaben und deren telegraphisch verbreitete Prognose um 11 Uhr vormittags an sämtlichen Postanstalten des Reiches angeschlagen wurde. Das Netz der Wetterdienststellen war so engmaschig gewählt, daß spätestens abends jeder Leser oder Abonnent im Besitze der Wetterkarte sein konnte. Lediglich zum Studium dienen die nachträglich erscheinenden, von dem Dänischen Meteorologischen Institut und der Deutschen Seewarte gemeinsam herausgegebenen synoptischen Karten des Atlantischen Ozeans. Für kürzere Zeiten (Polarjahr 1902/03) sind Wetterkarten der Nordhalbkugel der Erde gezeichnet worden.


Literatur: van Bebber, Wettervorhersage, Stuttgart 1898. – Börnstein, Leitfaden der Wetterkunde, Braunschweig 1901. – Defant, Wetter und Wettervorhersage, Leipzig und Wien 1918. – R. Wenger, Die Vorherbestimmung des Wetters, Leipzig 1919.

Kurt Wegener.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 664-665.
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