Sprichwörter1

[310] Lieber in einem großen Gewässer ertrinken, als in einem kleinen (d.h. lieber von einem Mächtigen sich bedrücken lassen, als von einem Tieferstehenden leiden). Weil der Spottvogel gelobt wird, denkt er, er habe eine herrliche Stimme; wird er nicht so sehr gelobt, so singt der Haushahn wohl schöner als er (d.h. Lob macht stolz, begründet aber kein wahres Verdienst). Die Schildkröte möchte gerne boxen, aber sie hat keine Faust dazu (von Leuten gesagt, die sich mit Dingen beschäftigen möchten, für die sie keine Anlage haben). Zwei Böcke können nicht aus derselben Kalabasse trinken, ihre Hörner erlauben es nicht (d.h. zwei Machthaber können nicht nahe bei einander wohnen). Zunge und Zahn haben (sogar) miteinander Streit (d.h. die besten Freunde geraten einmal in Uneinigkeit). Die Schlange ist hungrig und findet ein Stachelschwein, aber der Hunger quält sie doch (weil sie es nicht fressen kann). Wenn der Ochse keinen Schwanz hat, verscheucht Gott die Fliegen von ihm (= Gott sorgt für die Hülflosen). Gott pflückt die Frucht des Affenbrotbaumes für schwache Leute (d.h. er läßt sie abfallen), aber sie müssen sich die Mühe nehmen, zum Affenbrotbaum hinzugehen, um die Frucht zu bekommen (statt darauf zu warten, daß ihnen die gebratenen Tauben in's Maul fliegen sollen). Wer keinen geräumigen Magen[310] hat, kann keinen Mörserstößel verschlucken (d.h. wer nicht die nötige Geduld und Seelenstärke besitzt, darf sich den Aufregungen und Unannehmlichkeiten einer hohen Stellung nicht aussetzen).

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Aufgezeichnet von S. Crowther.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 310-311.
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