Dijoni und Tarafu.

[44] In einer Stadt wohnten zwei sehr schlaue Leute, der eine hiess Dijoni, der andere Tarafu. Ebendaselbst war ein Sultan, und Tarafu zählte zu seinen Freunden.

Jener Sultan ging mit dem Gedanken um, den Dijoni festnehmen zu lassen. Zu diesem Zwecke ging er hin und veranstaltete ein sehr grosses Fest. Als sein Freund Tarafu erfuhr, dass der Sultan dem Dijoni nachstelle, nahm er etwas Reis und ein wenig Fleisch; überhaupt von jeder Speise, die es bei dem Festmahle gab, nahm er ein ganz klein wenig für seinen Freund. Dann machte er ein kleines Päckchen und gab es einem Manne, um es Dijoni zu überbringen.

Als Dijoni abends nach Hause kam, fand er das kleine Packetchen vor und öffnete es. Sobald er all diese kleinen Sachen erblickte, wusste er, was das bedeuten sollte, nämlich – dass ihn der Sultan festnehmen wolle.

Daher entschloss er sich, noch in der Nacht mit seinen Sachen, seiner Frau und seiner Mutter aufzubrechen.[44] Er nahm zwei Ziegen und zwei Rinder mit und band sie vorerst an die Aussenthüre seines Hauses an. Als sie anfingen zu brüllen, glaubte Dijoni, jetzt kommen sie um ihn zu ergreifen. Schnell war er weg und liess seine Sachen, seine Frau, seine Mutter, Ziegen und Rinder, alles im Stich. Am nächsten Tage kamen Leute des Sultans in sein Haus, um ihn zu ergreifen, fanden ihn aber nicht, denn er war geflohen.

Es war ein Jahr später. Jener Sultan hatte sich die Sache überlegt und wollte Frieden machen mit Dijoni. Er schickte Leute aus, die ihm sagen sollten: »Ich will jetzt keinen Streit mehr mit Dir, kehre hierher nach der Stadt zurück.« Dijoni liess antworten: »Ja, ich werde kommen.« Aber er kam nicht.

Der Sultan schickte andere Leute aus, um ihn zu holen, und sprach zu Tarafu: »Geh und bringe den Dijoni herbei.« Tarafu erwiderte: »Ich möchte nicht gehen, denn wenn ich gehe, muss ich sprechen und vielleicht sage ich ihm dann, wie es gemeint ist.« Schliesslich sprach der Sultan: »Gehe nur, denn Du bist sein Freund, wenn Du gehst, wird er kommen.«

Tarafu machte sich auf den Weg und langte bei ihm an. Als sie zusammentrafen, ergriff Tarafu sein Schwert und sprach zu seinem Freunde: »Ich bin vom Sultan ausgesandt, um Dich zu holen.« Während Tarafu dies sagte, machte er mit seinem Schwerte ein Zeichen. Dijoni verstand und sprach zu ihm: »Warte ein wenig, ich komme gleich, ich will meine Kleider anziehen.« Schnell machte er sich auf und davon; denn er hatte an dem Zeichen mit dem Schwerte erkannt, dass der Sultan ihn töten wolle.

Quelle:
Velten, C[arl]: Märchen und Erzählungen der Suaheli. Stuttgart/Berlin: W. Spemann, 1898, S. 44-45.
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