[139] Ein Affe suchte sich eines Tages, wie es Art der Affen ist, unter Steingeröll seine Nahrung. Ein besonders großer Block erregte seine Aufmerksamkeit und Begier. In der Hoffnung, unter ihm leckere Infekten zu finden, schob er ihn mit großer Kraftanstrengung zur Seite und hob ihn ein wenig hoch. Statt der erwarteten Infekten fand er unter ihm eine große Schlange, die, böse ob der unerwarteten Störung, ihn wütend anzischte und drohte, den Eindringling zu beißen. So gut es gehen wollte, entschuldigte sich der geängstigte Affe und versicherte, er habe keine Ahnung gehabt, daß der Stein Privateigentum sei. Nie würde er es gewagt haben, ein so gefährliches Wesen wie[140] die Schlange in irgend einer Weise zu belästigen. Indessen – die Schlange hörte gar nicht auf alles hin, was der arme Affe sagte; sie war gereizt worden und wollte sich rächen. Noch waren die beiden im Wortgefecht, als ein Schakal des Weges kam. Ihn zum Schiedsrichter zu ernennen, schien den Streitenden das beste; denn vor des Schakals Weisheit hatten sie großen Respekt. Aufmerksam hörte er den Klagefall an und erwog im stillen, wie er wohl durch seinen Spruch seiner eigenen Abneigung gegen die Schlange gerecht werden könne. Gewogen war er dem Affen freilich auch nicht; aber die Schlange fürchtete er. Um den Fall nun ganz gut verstehen zu können, so meinte der schlaue Schakal schließlich, müsse er die Kläger auffordern, sich genau an die Plätze zu begeben, die sie inne hatten, als der Streit anfing. So ging denn die Schlange zurück zu ihrem Stein, den der Affe auf sie wälzte.
»Kannst du, Schlange,« fragte dann der Schakal, »jetzt hervorkriechen, ohne daß dir geholfen wird?«
»Nein,« entgegnete die Gefragte.
»Ganz sicher nicht?«
»Nein.«
»Nun gut,« sagte darauf der Schakal listig grinsend zum Affen, »so wollen wir nicht weiter von der Angelegenheit reden, sondern sie lieber ruhen lassen; es ist besser so.«
Und Schakal und Affe gingen ihres Weges.