Drei Wünsche.

[296] Es waren drei Männer, welche in der Nacht Kurzweil trieben. Eines Abends geht der Sultan verkleidet. Der Sultan geht geradeaus in das[296] Zimmer derselben, gekleidet wie ein Derwisch. Er tritt hinein, sagt zu ihnen: »Ich bin gekommen als Gast für heute Nacht«, und sie sagen zu ihm: »Befiehl, heiliger Vater!« Während sie singen und sich belustigen, sagt der eine derselben: »Würde ich die Tochter des Sultans haben!« Der andere sagt: »Möchte ich das beste Pferd, welches der Sultan hat, haben!« Der andere sagt: »Ich will nichts anderes haben, aber möchte ich keine Schulden haben!«

Der Sultan behielt die Reden derselben im Sinn. Am folgenden Tage in der Frühe ging der Sultan seiner Arbeit nach und lässt die drei Männer rufen, die in der Nacht Kurzweil trieben. Sie gingen auch, der Sultan fragt sie: »Was für Leute seid ihr?« Sie sagen ihm: »Wir sind arme Leute, am Tage arbeiten wir, und am Abend belustigen wir uns.« Der Sultan fragt sie: »Habt ihr wohl gestern Abend irgend einen Gast gehabt?« Sie erschraken, der Sultan sagt zu ihnen: »Erschrecket nicht, erzählt die Wahrheit!« Sie sagen ihm: »Es ist ein Derwisch bei uns gewesen.« – »Was habt ihr vor dem Derwisch gesprochen?« – Derjenige, welcher die Tochter des Sultans wünschte, erklärte ihm und sagt ihm: »Ich habe gesagt: möchte ich die Tochter des Sultans zur Frau bekommen!« Der Sultan sagt zu ihm: »Wohlan geh in den Harem und nimm sie!« Wie er in den Harem geht, dort hatte man einen Teller mit drei Weintrauben vorbereitet. Der Wein war von drei Arten: weiss, schwarz und rot; man band ihm die Augen mit einem Taschentuch zu und sagte zu ihm: »Da sind drei Weintrauben, du wirst sie essen. Wenn du vermagst sie zu unterscheiden, welche weiss, rot und schwarz ist, dann nimm die Tochter des Sultans.« Er begann den Wein zu essen; ass den weissen und den roten und den schwarzen, konnte aber keinen einzigen unterscheiden, welcher, weiss und rot und schwarz ist. Man fragte ihn: »Welcher schien dir am besten?« Er antwortet ihn: »Der eine wie der andere, alle ähnlich, ein Geschmack.« Und man sagt ihm: »Nachdem doch die drei Arten Weintrauben einen Geschmack gehabt haben, so hast auch nicht du mit der Tochter des Sultans was zu thun, denn mag sie arm sein oder reich oder die Tochter des Sultans, ist alles eins, aber du schau und nimm deinen Stand und die Tochter des Sultans nimmt den ihrigen.« Der Sultan rief ihn: »Nahmst du etwa das Mädchen?« Er sagt zu ihm: »Verzeihe mir, denn alle waren sie eins.« Der Sultan verzieh ihm: »Wohlan geh und nimm deinen Stand.«

Er sagt zum andern: »Was hast du gesagt?« Der sagt ihm: »Ich habe das beste Pferd gewünscht.« Und der Sultan gab Befehl ihm das Pferd zu geben, wo das beste sei. Er ging und band das Pferd los, ging seiner Arbeit nach mit dem Pferde.

Der Sultan fragt den andern: »Was hast du verlangt?« – »Ich habe gewünscht: möchte ich keine Schulden haben!« Der Sultan sagt zu ihm: »Wo willst du ohne Schulden sein, da ich, der ich Sultan bin, Schulden habe: es ist nicht dein Stand keine Schulden zu haben.« Der Sultan gab Befehl ihm den Kopf abzuschneiden. Unter den dreien kam einer mit einer Sache davon, der, welcher das Pferd verlangte, und der andere blieb ohne eine Sache und der andere blieb ohne Kopf.[297]

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner.
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