Zwei Reisende.

Zwei Männer gesellten sich zu einander unterwegs, als sie in die Fremde gingen. Als sie einen Tag Weg gemacht hatten, trafen sie eine Herberge, sagen zum Hausherrn: »Lässt du uns wohl heute nacht drinnen schlafen?« Der Herr des Hauses liess sie hineinkommen und that ihnen viel Ehre an; es kam die Zeit zu schlafen, sie legten sich nieder, schliefen, standen früh auf, tranken Kaffee und er gab ihnen auch zu essen. Bevor sie aufbrachen, stahl ihm einer derselben einen goldenen Becher und sie gingen. Der andere Gefährte sagt zu ihm: »Warum nahmst du ihm den Becher?« Er sagt zu ihm: »Schau deine Sache an!«

Während sie des Weges gingen, wurde es Nacht. Sie gingen in eine andere Herberge, sagen zum Herrn des Hauses: »Lässt du uns wohl drinnen heute nacht?« Er liess sie hinein und erwiess ihnen nicht die geringste Ehre und steckte sie zum Schlafen auf den Heuboden, gab ihnen weder zu essen, noch irgend was. Sie standen früh auf; bevor sie aufbrachen um zu gehen, liess er ihm den goldenen Becher im Heu; sein Gefährte fragt ihn: »Dort nahmst du den Becher in der ersten Herberge und hier liessest du ihn, was soll die Sache bedeuten?« Er antwortet: »Schau deine Sache an!«

Sie gingen wieder die dritte Nacht und trafen eine andere Herberge, sagen zum Hausherrn: »Lässt du uns wohl drinnen?« Der Herr des Hauses sagt zu ihnen: »Ja, aber ich bin arm und habe nichts, um euch zu essen zu geben.« Sie sagen ihm: »Thut nichts!« Sie traten hinein in die Hütte, der Hausherr legte ihnen zu essen vor, was er hatte und am nächsten Tag machten sie sich bereit aufzubrechen. Bevor sie aufbrachen, gibt ihnen der Hausherr den Knaben mit, um sie zu begleiten. Beim Aufbrechen zündete ihm einer derselben die Hütte an und der Hausherr erzürnte nicht. Sein Gefährte sagte zu ihm: »Thatest du denn nicht Sünde, dem Armen die Hütte anzuzünden?« Der antwortet ihm: »Ich weiss es selbst.« Wie sie weiter gingen – auch der Knabe des Armen, um sie zu begleiten – fingen sie an ein Wasser zu überschreiten, und er ertränkt ihm den Knaben im Wasser. Sein Gefährte erzürnte sich sehr gegen ihn. Dieser hält an und steht an einem Ort und sagt zu seinem Gefährten: »Nun komm her!« er sagt zu ihm: »In der ersten Herberge, in welche wir eingetroffen sind, hat der Besitzer[345] dieser Herberge alle die Sachen gerecht erworben und den goldenen Becher haben die Diener ungerecht erworben. In der andern Herberge hat der Besitzer alle Sachen, die er erworben hat, ungerecht erworben und ich liess ihm den goldenen Becher, damit ihm das Ungerechte anwachse. In der dritten Herberge verbrannte ich die Hütte des Armen und dieser wird den Grund blosslegen um zu bauen, und während er den Grund blosslegen wird, wird er einen Kessel mit Geld finden.« Der Gefährte fragt ihn: »Aber der Knabe, warum ertränktest du ihn?« Er sagt zu ihm: »Ich ertränkte ihm den Knaben eigens, denn wenn der Knabe fünfzehn Jahre alt geworden wäre, hätte er seinen Vater getötet.« Wie er diese Worte beendet hatte, verschwand er und wurde nicht mehr gesehen, und der Gefährte stand allein.

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner, S. 269-270,345-346.
Lizenz:
Kategorien: