XI.
Job,

[64] der Sohn von Mauß, der Sohn Resah's, der Sohn Ishak' s, der [Rand: Ibn Kessir.] Sohn Abrahams, des Freundes Gottes, wohnte nach Einigen in der Nähe von Gewran, nach Andern in der Gegend von Erserum. Ein reicher Güterbesitzer, den Gott mit Aussatz schlug, seine Geduld zu prüfen. Vor ihm war diese Krankheit, nach ihm diese Geduld auf Erden unerhört. Jobs Elend und Jobs Geduld sind zum Sprüchworte geworden. Die Zeit seiner Prüfung dauerte nach Einigen drey, nach Andern sieben, nach Andern achtzehn Jahre. Er ward der Auswurf der Gesellschaft, sein Weib allein blieb ihm getreu.[64]

Als der Herr seine Leiden enden wollte, befahl er ihm, mit dem Fuß die Erde zu schlagen, und es entsprang ein Quell von kaltem Wasser und ein Quell von warmem Weine, worin er seine Eiter wusch, und alsogleich geneste. Er blühte im vollen Reiz der Gesundheit und Jugend schöner als jemals, Sein Weib kam und kannte ihn nicht. Junger Mann, wo ist der Prophet Gottes, den der Herr mit Aussatz geschlagen? Ich bins, o Frau! – Spottest du meiner, Diener Gottes! wo ist der Prophet des Herrn? – Ich bin Job, o Frau! – Wohl gleichest du ihm, und wohl glich er dir in der Blüthe der Gesundheit und Jugend. Job hatte Mühe, sein treues Weib von seiner Wiedergeburt zu überzeugen. Die Fülle seiner Jugendkraft war die süßeste Belohnung ihrer Treue.

Zwey Brüder Jobs nahten sich einst dem Misthaufen, worauf er lag, und sprachen unter einander: Wenn Job Gutes gethan hätte vor dem Herrn, wäre er nicht mit solchem Elend behaftet. Dieses schmerzte Job mehr als alle seine Leiden. Er flehte: o mein Gott! Wenn du weißt, daß ich keine Nacht satt zu Bette gehe, so gieb mir Zeugniß davon. O mein Gott! wenn du weißt, daß ich nicht zwey Hemden habe, ohne mit einem die Scham der Armuth zu verhüllen, so gieb mir Zeugniß davon! Dann warf er sich nieder, o mein Gott, immer will ich mein Haupt erheben, bis du mir gebest Zeugenschaft hievon.[65] Da erscholl die Stimme vom Himmel, welche ihm mit dem Fuß die Erde zu stampfen und sich in den Quellen zu waschen befahl. Die beiden Brüder, Zeugen seiner Wiedergeburt, überzeugten zuletzt hievon seine unglaubige Frau.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 64-66.
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