XIII.

[31] Hind, die Tochter Naaman's des arabischen [Rand: Alaim.] Königs, die Gemahlin des Statthalters Hedschadsch, war durch Schönheit und Geist gleich berühmt. Ihr Gemahl beschlich sie eines Tages in ihrem Kabinette,[31] als sie eben mit vielem Wohlgefallen sich in dem Spiegel besah und dabey sagte: Ist's nicht Jammerschade, daß eine so schöne Stute wie Hind, statt einem Hengste der ihrer würdig wäre, einem Maulesel wie Hedschadsch zugefallen ist? – Hedschadsch ward hierüber so aufgebracht, daß er auf der Stelle sich von ihr zu scheiden beschloß. Er schickte Abdallah, den Sohn Saher's ab, um ihr diesen Entschluß kund zu thun, und ihr die zweimal hundert tausend Dukaten Heyrathsguth, die sie mitgebracht hatte, zurückzustellen. Deß bin ich von Herzen froh, sprach sie, und du, Sohn Saher's, magst die zweymal hundert tausend Dukaten behalten für die angenehme Botschaft.

Der damals regierende Chalife Abdolmelek, der Sohn Merwan's, hatte viel von der Schönheit, dem Geiste und dem hohen Sinne der Prinzessin Hind gehöret. Nach ihrer Scheidung von Hedschadsch begehrte er sie zur Frau. Sie antwortete auf seinen Antrag durch folgendes Billet:

Fürst der Rechtgläubigen! Eckelt Dich nicht, die Schaale an den Mund zu bringen, woraus ein schäbiger Hund getrunken?

Der Chalife lachte viel über den Einfall und schrieb zurück:

Wenn der Hund aus der Schaale von Hind getrunken, so soll es meine Sorge seyn, dieselbe siebenmal[32] auszuwaschen, ehe ich mich ihrer zum täglichen Gebrauche bediene.

Die Prinzessin nahm nun den Antrag des Chalifen an, doch mit dem Bedingniß, daß Hedschadsch der Brautführer sey. Der Chalife sandte ihm die nöthigen Befehle, denen er den Gehorsam nicht verweigern durfte. Er mußte sichs gefallen lassen, nach hergebrachtem Gebrauche den Zaum des Brautkameels, worauf die Prinzessin saß, in der Hand zu halten, und den ganzen Weg hindurch zu führen von Kufa nach Bagdad. Hind machte sich in einem fort über ihren Brautführer lustig. Als sie dem Pallaste des Chalifen nahe war, warf sie Gold unter das Volk aus.

Hebe mir, sprach sie zu ihrem Führer, das Silberstück auf, das mir da hinunter gefallen. Hedschadsch, der nur Goldstücke sah, nahm eines derselben, und gab es ihr, indem er sagte: Du hast dich geirrt, Prinzessin, es war ein Dukate. – Nein! ein Thaler – Wahrhaftig ein Dukate – Nun wenns so ist, sprach sie, so sey Gott gelobet, ich habe einen Thaler verloren, und dafür einen Dukaten gefunden. Hedschadsch, dem die boshafte Anspielung nicht entgieng, schwieg still, und konnte den Augenblick nicht erwarten, wo er an des Pallastes Thoren die Braut des Chalifen übergeben haben würde.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 31-33.
Lizenz:
Kategorien: