CXXXVII.

[266] [Rand: Dschami. 827.] Ein gastfreundlicher Mann bewirthete einst durch drey Tage einen Bekannten, und entschuldigte sich beym Weggehn über die Mängel der Bewirthung,[266] wiewohl er alles aufgeboten hatte, was in seinen Kräften stand, ihm den Aufenthalt der drey Tage angenehm zu machen. Es ist schon gut, sagte der Andere, aber wenn du zu mir kömmst, will ich dich besser bewirthen, als du mich. Der Fall traf bald hernach ein, allein der Gast sah nicht das Geringste von besonderer Vorbereitung, und verwunderte sich darüber nicht wenig. Der Wirth, der dessen gewahr ward, half ihm aus dem Traume: »Sagte ich dir nicht, ich würde dich besser bewirthen als du mich. Du machtest tausend Vorbereitungen in deinem Hause, als ob ich ein Fremder wäre; ich keine, weil ich dich als ein Mitglied meiner Familie ansehe.« – Die wahre Gastfreundschaft besteht in der ungezwungenen Aufnahme unserer Freunde, ohne besondere Vorrichtung.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 266-267.
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