CLIX.
Drittes Hauptstück. [290] Von der Ehe.

Die größten Weiberliebhaber, deren die neuere Geschichte erwähnt, sind Hassan, der Sohn Alis, und der Chalife Motewekel. Der erste hatte zweyhundert Weiber, der letzte viertausend. Abdollah, der Sohn Omars, hatte jede Nacht drey Weiber als Bettgenossinnen, von denen jede ihm eine Geschichte erzählen mußte. Die erste beym Schlafengehen, die zweyte bey Sonnenaufgang, die dritte um Mitternacht.[290] Die Reue in Rücksicht auf ihre Dauer ist vierfach. Die Reue eines ganzen Tages, wenn man das Haus verläßt, ohne gefrühstückt zu haben; die Reue eines ganzen Jahres, wenn man die Saatzeit versäumt; die Reue des ganzen Lebens für den, der eine üble Ehe getroffen; die Reue in diesem und im andern Leben für den, der sein Seelenheil vernachläßiget. Das arabische Sprichwort sagt: Wer eine Frau genommen, hat schon die Hälfte seines Glaubens gerettet; ja, wer eine gute getroffen, wer aber eine böse, der wird durch sie auch um den Rest seines Glaubens gebracht. Lokman, dessen Philosophie im Optimismus oder in der Kunst, allen Dingen ihre gute Seite abzugewinnen bestand, kam von einer Reise zurück. Er fragte den Ersten, dem er begegnete, um seines Vaters Befinden. – Er ist todt. – So ist meine Erbschaft frey. – Und mein Bruder? – Er ist nicht mehr. – So habe ich meine Schultern frey. – Und meine Tochter? – Auch die hat das Zeitliche gesegnet. Nun, Gott sey Lob! so ist meine Ehre außer aller Gefahr.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 290-291.
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