LXXXVIII.

[191] Unter andern Zügen von Großmuth und Beyspielen der Freygebigkeit der Barmekiden, hat uns die Geschichte auch die folgenden aufbewahrt:

Mohammed, der Sohn Jesid's von Damaskus, erzählet, daß, als er eines Abends zu Hause sang,[191] er in die Gesellschaft Fasls, des Sohnes Jahja's, des Sohnes Chaleds, des Barmekiden eingeladen ward. Er legte seine besten Kleider an, und begab sich nach dem Pallaste. Er ward in einen großen Saal geführt, wo für alle Glieder der Familie der Barmekiden erhabene Stühle bereitet waren. Eine Schaar von Beamten, Wachen, Gelehrten, Kaufleuten, umringte dieselben.

Fasl hieß ihn niedersitzen. Es war ein Sonnabend. Nach dem für diesen Tag vorgeschriebenem Gebete, zündete man Ambrakerzen an, und die Dichter traten einer nach dem andern hervor, ihre Glückwünschungen darzubringen. Sie empfiengen Jeder einen Beutel Geldes. Mohammed, der Sohn Jesids, selbst ein berühmter Dichter, sah diesen Freygebigkeitsbezeugungen zu, bis ihn Fasl aufrief, und ihm auch ein Kompliment zu seinem Geburtsfeste, das an diesem Tage fiel, abforderte. Mohammed besann sich eine Weile, und sagte dann:


Deine Geburt nicht allein wird am heutigen Tage gefeyert,

Denn wir feyern zugleich jeglicher Tugend Geburt.


Fasl befahl, dem Dichter zehn tausend Dirhem auszuzahlen.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 191-192.
Lizenz:
Kategorien: