[26] 7. Die drei Wunderfische.

Ein Fischer, welcher schon viele Tage durch nichts gefangen hatte, machte sich abermals zum See auf, um die Netze auszuwerfen. Er hatte zwar wenig Hoffnung, allein er mußte es versuchen, denn Weib und Kinder schrieen nach Brot.

Der Fischer warf das Netz in's Wasser, und als er dasselbe herauszog, lag ein Stein darin. Zum zweitenmal zog der Fischer einen ersäuften Eber hervor; dann warf er das drittemal das Netz hinein, und als er dasselbe herauszog, siehe, da lag in dem Netze ein kleines Kästchen.

Der Fischer nahm das Kästchen heraus und öffnete es. Aber wie erschrack er, als aus dem Kästchen ein Riese herausstieg und zum Fischer sprach: »Dafür, daß du mich ans Tageslicht gebracht hast, empfange deinen Lohn: ich befehle dir, jetzt selbst in das Kästchen zu steigen, wenn nicht, so bist du des Todes.«

Der Fischer jammerte und sprach: »Aber wie soll ich denn in diesem kleinen Kästchen Platz finden?«

Der Riese wollte dem Fischer zeigen, daß darinnen genug Raum sei und stieg wieder in das Kästchen. Kaum war der Riese drinnen, so schloß der Fischer schnell das Kästchen und wollte es in den See werfen. Der Riese bat, er solle dieses nicht früher thun, als bis er ihm ein Geheimnis anvertraut habe. Der Fischer gewährte ihm diese Bitte, und der Riese sprach: »Ich bin der Geist des Sohnes deines Königs, Mein Vater warf mich in diesen See, weil ich ein großer[26] Sünder gewesen; ich hatte nämlich den Menschen nur immer Böses zugefügt, ja viele rechtschaffene ermordet. Ich sollte nur dann Ruhe finden, nach dem Ausspruche meines Vaters, wenn ich gegen jenen, welcher mich auffindet, mich wohlthätig erweise, und das will ich denn thun. Höre: nicht weit von hier findest du einen Teich, in diesen wirf dein Netz und du wirst jeden Tag einen Fisch fangen. Diesen trage dann an den königlichen Hof und du bekommst für jeden solchen Fisch einen Dukaten.«

Wie der Geist gesagt, so ist auch alles geschehen. Der Fischer fand wirklich den Teich, warf sein Netz ins Wasser und fing einen wunderschönen Fisch. Diesen trug er in das Schloß des Königs. Als die Köchin den prächtigen Fisch erblickte, gefiel er ihr sehr und sie gab dem Fischer den verlangten Dukaten für denselben und glaubte dem Könige heute etwas Besonderes vorzusetzen.

Die Köchin legte den Fisch in die Pfanne und wollte ihn backen, aber kaum war er über dem Feuer, so sprach er: »Solange ihr Gutes thut, so lang wird es euch gut gehen, sobald ihr aber Böses thut, wird's euch schlimm gehen.«

Und hierauf flog er durch den Rauchfang fort.

Als am zweiten Tage der Fischer mit einem ebenso schönen Fische kam, kaufte die Köchin abermals den Fisch, aber es ereignete sich dasselbe wie mit dem ersten Fische.

Dieses wurde dem Könige hinterbracht, und am dritten Tage war er selbst bei der Bereitung des Fisches zugegen, und es geschah dasselbe. Der König ließ den Fischer holen Als dieser kam, erzählte er alles von Anfang bis zu Ende, was er von dem Geiste wußte. Der König hatte eine große Freude daran, daß sein Sohn sich gebessert. Den Fischer nahm er mit seiner ganzen Familie in's Schloß und ließ es ihnen an nichts fehlen.[27]

Quelle:
Vernaleken, Theodor: Kinder- und Hausmärchen dem Volke treu nacherzählt. 3.Auflage, Wien/Leipzig, 1896 (Nachdruck Hildesheim: Olms, 1980), S. 26-28.
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