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[259] Vor langer, langer Zeit lebte ein König – Alexander von Mazedonien. Er eroberte fast die ganze Welt, nämlich drei Weltteile; bloß der vierte, der von dem Volke der »Armen-Gerechten« bewohnt war, war noch unerobert.[259] Dieser Weltteil war von den übrigen durch ein Meer getrennt, das denselben Namen trug wie jenes Volk.

Alexander wollte nun auch dieses Land erobern. Er versammelte ein großes Heer und zog nach jenem Meere. Dann schlug er eine Brücke darüber und wollte schon mit seinem Heere sie überschreiten, als ihm ein Engel Gottes erschien und sagte: »Alexander, auf Gottes Befehl darfst du nicht mit diesen Leuten Krieg führen. Wenn dir dein Ehrgeiz nicht erlaubt, von der Unternehmung zurückzutreten, so laß zuerst dein Heer hinüber und schau zu, ob auch nur einem Mann der Kopf auf seinen Schultern bleibt, dann kannst du selbst hinüber gehen«. Alexander tat, wie ihm geheißen; er ließ sein Heer über die Brücke und bemerkte, daß alle ihre Köpfe verloren. Von seinem Ehrgeiz angestachelt, überschritt er selbst die Brücke und – verlor auch seinen Kopf. Dann versammelten sich die Armen-Gerechten und steinigten ihn und sein ganzes Heer.

Quelle:
Dirr, A.: Kaukasische Maerchen.Jena: Eugen Diederich, 1922, S. 259-260.
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