[392] Sataro, ein Färber, lebte mit seiner Frau und einer Magd allein in seinem kleinen Hause; die Magd aber hatte ohne ihres Herren Wissen einen Bräutigam, der sie eines Abends besuchte und zum Unglücke von Sataro gesehen ward. Sataro meinte, es sei ein Räuber, packte ihn und lieferte ihn der Polizei aus. Die Polizeileute indessen vermochten trotz der sorgfältigsten Nachforschungen nichts verdächtiges an dem Manne aufzufinden; man ermittelte seine Wohnung und fragte bei dem Vorsteher des Stadtviertels nach, in welchem sein Haus sich befand, und überall hörte man nur günstiges von ihm berichten. Da aber Sataro immer noch von seinem ersten Verdachte nicht zurückkommen wollte, als ob der Eindringling in einer bösen, feindseligen Absicht in seine Wohnung gedrungen sei, so verfiel man auf den unseligen Gedanken, der Mann könne durch die Magd verleitet oder wohl gar durch Zaubertränke von ihr bethört sein, und so zog man sie ein und inquirirte sie scharf. Wiederum aber ergab sich nicht die geringste Bestätigung eines Verdachtes, obwohl man der Aermsten so zugesetzt hatte, daß sie schwer erkrankte. Die Polizei schickte sie deshalb wieder dem Sataro zu. Hier aber widersetzte sich Sataro's Frau aufs entschiedenste ihrer Wiederaufnahme ins Haus; das Mädchen blieb ohne alle Pflege und starb in Folge dessen bald. Als man nun ihre Leiche dem Sataro brachte, damit er sie ordnungsmäßig[392] bestatten lasse, weigerte er sich auch dessen, und mitleidige Menschen ließen sie endlich beerdigen.
Kaum aber war dies geschehen, so klagte Sataro's Frau, daß jede Nacht eine Schlange zu ihr komme und sie auf alle erdenkliche Weise quäle. Morgens früh war dieselbe verschwunden, um in der nächsten Nacht wiederzukommen. Sataro lauerte dem Thier auf und es gelang ihm auch bald, es zu fangen und zu tödten; allein es kam nichts destoweniger in der folgenden Nacht, und der Spuk wurde nur noch schlimmer. Sataro fing die Schlange aber und abermals, es half jedoch nichts, und zuletzt wurden die Quälereien so arg, daß die Frau starb.
Als Sataro trauernd die Leiche betrachtete, sah er, wie eine Schlange um ihren Hals geringelt lag und ruhig liegen blieb, obgleich er nahe herzu trat. Dies entsetzte ihn über alle Maßen und erinnerte ihn zugleich so sehr an die Schuld, die er der unglücklichen Magd gegenüber auf sich geladen, daß er in sich ging und als Büßer den Rest seiner Tage verbrachte.