Joo und Uba.

[333] Nahe bei Koba in der Provinz Harima liegt eine kleine Insel mit Namen Takasago, und auf dieser Insel steht eine große Fichte, welche ihre Zweige nach allen Seiten weithin ausbreitet und schon von ferne einen majestätischen Anblick gewährt. Sie hat zwei mächtige Stämme, welche aus einer Wurzel sprießen.

Unter dem Schatten dieses Baumes lebte vor alten Zeiten ein Ehepaar, das ein hohes Alter erreichte. Sie ließen es sich Jahr aus, Jahr ein angelegen sein, den ganzen Raum, welchen die Fichtenzweige überdeckten, aufs sorgfältigste zu reinigen. Dazu fertigten sie eine besondere Art von Harke an, mit wenigen, großen Zacken, die man Matsubabaki nennt und jetzt noch zu dem nämlichen Zwecke zu benutzen pflegt.

Wegen ihrer großen Frömmigkeit wurden die beiden alten Leute, Joo und Uba mit Namen, sichtlich von den Göttern beschützt, und nicht leicht erreichte ein Ehepaar, ohne durch den[333] Tod getrennt zu werden, ein so hohes Alter. Als sie aber gestorben waren, da wurden sie die Schutzgeister des Ortes und der Fichte, und man meint, daß sie die Gabe besitzen, frommen Ehepaaren ein hohes, freudvolles Alter zu gewähren.

So werden sie denn in ganz Japan hoch verehrt; man nennt sie Großvater und Großmutter von Takasago, und allüberall sieht man ihre Bilder, wie sie unter der alten Fichte sorgsam die Harke handhaben, während in den Zweigen des Baumes Kraniche sitzen und zu den Füßen der alten Leute sich Schildkröten tummeln, denn auch diese Thiere sollen ein langes Leben bescheren. Die Fichte aber gilt als Symbol der Kraft und Gesundheit.

Quelle:
Brauns, David: Japanische Märchen und Sagen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich, 1885, S. 333-334.
Lizenz:
Kategorien: