Mikuda in Gold verwandelt.

[138] Von Housin und Želkowic, wo ein heidnischer Begräbnißplatz war, schlängelt sich ein Bach um den Berg Kodiž und ergießt sich später in die Litavka. In diesem Bache pflegt[138] unterhalb des Berges Kodiž ein Fischer Namens Smil zu fischen. Dieser hörte oft während seiner Arbeit einen wunderschönen Gesang. Er wußte anfangs nicht, woher diese Töne kämen, bis er endlich einmal beim Wasser eine Wasserfrau (rusavka) erblickte. Er verliebte sich in sie und bat sie, ihm zu sagen, auf welche Weise er in diesem Bache recht viel Fische fangen könne. Die Wasserfrau rieth ihm an, gewisse Blätter und Kräuter abzureißen und ins Wasser zu werfen. Das that der Fischer und hatte jedesmal einen glücklichen Fang, so daß er bald ein reicher Mann war. Da heirathete er die Wasserfrau und hatte mit ihr eine Tochter, die nannten sie Května.

Als das Mädchen herangewachsen war, rief es einmal die Mutter zu sich und zeigte ihm in der Umgebung eine Quelle, welche die Eigenschaft besaß, Alles in Gold zu verwandeln, was in dieselbe gesteckt wurde. Die verwandelte Sache aber durfte nicht mit bloßer Hand, sondern mit einem Stäbchen herausgenommen werden. Hierauf küßte die Wasserfrau noch einmal ihr Töchterchen und war augenblicklich verschwunden. Smil, über den Verlust seiner Gattin untröstlich, bestieg den Felsen Kodiž, stürzte sich ins Wasser und ertrank.

So blieb Května denn ganz allein und verlassen. Die Beherrscherin dieser Gegend, Mikuda, die eine Zauberin war, nahm sich des Mädchens an und brachte sie auf ihre Burg, die auf einem hohen Felsen stand. Dieser Zauberin nun vertraute Května das Geheimniß von der Goldquelle, ohne ihr jedoch den Ort zu sagen, wo sich der Zauberbrunnen befand. Die goldgierige Mikuda hätte gern erfahren, wo diese wunderbare Quelle war und drang in das Mädchen, ihr den Ort zu sagen. Die durfte aber nicht, weil ihr es die Mutter untersagt[139] hatte. Da schlug Mikuda das arme Kind, und als dieses statt Thränen Perlen weinte, schlug sie es nur noch heftiger, bis es endlich gestand, wo der Brunnen wäre. Es sagte ihr aber Května nicht, daß man nicht mit der Hand in das Wasser fahren dürfe. Als nun die Zauberin zu dem Brunnen kam, warf sie gleich etwas in das Wasser und da es sich augenblicklich in Gold verwandelte, griff sie gierig mit den Händen darnach, um es herauszuziehen. Augenblicklich ward sie ebenfalls in Gold verwandelt. Května zog das goldene Weib aus dem Brunnen und lebte nun als Herrin auf der Burg Kodiž glücklich und heiter. (Krolmus III, 23.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 138-140.
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