Der Blutteich bei Braunau.

[266] Einst kam ein Ritter mit seinen Knappen zu dem Orte, wo jetzt der Blutteich liegt. Dort rieselte früher blos eine Quelle. Die Knappen waren alle sehr müde und durstig, und daher drängten sie sich, um zuerst zu trinken. Als der Ritter sah, daß seine Knappen vor ihm getrunken hatten, erzürnte er so, daß er mehrere erschlug. Er trat dann selbst zum Brunnen, um zu trinken, aber siehe, der Brunnen war versiegt. Da sprach er voll Hohn: Da ich nicht trinken soll, soll auch kein Anderer mehr trinken! Und er befahl, einen Hügel über der Quelle aufzuwerfen. Die Knechte thaten das ungern, aber sie mußten es thun. Schon war das Werk beinahe beendet, da sprang plötzlich aus jedem Ritze ein so großer Wasserstrahl, daß sich rasch das ganze Thalbecken füllte. Die Knechte, welche sich durch den Trunk gestärkt hatten, ergriffen die Flucht und entkamen. Der Ritter aber, der vor Mattigkeit nicht entfliehen konnte, ertrank. So entstand ein Teich, dessen Wasser eine röthliche Farbe angenommen hat, deshalb heißt er der Blutteich. Die rothe Farbe soll vom Blute der erschlagenen Knechte herrühren. (F. Kahler aus Braunau.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 266.
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