Der Rosenplatz.

[310] In der Nähe des Dorfes Moraschitz bei Leitomischel ist in der Mitte eines fruchtbaren Feldes ein kreisrunder, öder Platz, auf welchem nichts Anderes gedeiht, als weiße Hagerosen. Dieses Plätzchen soll nach uralter Tradition nicht eher umgeackert werden können, als bis auf ihm vier Könige der Erde ihr Mittagsessen gehalten und sich ihre Hände gereicht haben werden. Und das soll geschehen zur Zeit eines großen Krieges, wo das Blut in den Flußbetten gleich Wasser strömen wird.

Der gegenwärtige Besitzer hat vor einigen Jahren versucht, diesen Platz urbar zu machen, allein es trafen ihn dabei so viele Unglücksfälle, daß er wieder davon abstand. Erst brach ihm der Pflug und da er einen andern Pflug holte, brach sein Pferd das Bein, als es den Pflug kaum zwei Schritte gezogen hatte. Da berief der Landmann mehrere muthige Männer und befahl ihnen das Feld mit dem Spaten zu bearbeiten und mit Weizen zu besäen. Unter vielem Schweiß und vieler Mühe kam das Werk zu Stande. Der Weizen wuchs und hatte die schönsten Aehren in der ganzen Umgegend. Der Landmann ließ bei der Ernte den Weizen in besondere Garben legen und führte sie in die Scheuer. Kaum aber war die letzte Garbe in der Scheuer, so entstand ein furchtbares Feuer auf demselben Orte, wo die gesonderten Garben lagen und legte in wenigen Minuten den ganzen Hof in Asche.

Von nun an blieb der Ort wieder ungeackert und im folden Frühling begrüßten die Rosen, die von selbst wieder emporwuchsen, den Vorübergehenden mit ihrem lieblichen Dufte. (Jos. Tomann aus Hohenmaut.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 310-311.
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