Die weiße Frau und die schwarze Frau von Neuhaus.

[67] In dem alten Schloße zu Neuhaus, das jetzt dem Grafen Černin gehört, befindet sich in einem der Zimmer eine Statue aus weißem Marmor, welche die weiße Frau darstellt. Diese Frau wurde von ihrem Gatten, der ein Rosenberger war, im Trunke erschlagen und erschien seit jener Zeit immer wenn ein Unglück in der Familie geschehen sollte. Es gab aber auch im Schloße zu Neuhaus eine schwarze Frau. Diese erschien an einem Tage im Schloße, raubte den Erstgeborenen der Familie und entfloh mit ihrem Raube durch die Mauer, die sich vor ihr öffnete und sich hinter ihr schloß. Da erschien plötzlich die weiße Frau an einer durch eine Steinplatte verschließbaren Oeffnung an der Außenseite des Thurmes und erschrack darüber so, daß sie zu Stein wurde. Seit dieser Zeit steht sie als Marmorbild im Neuhauser Schloße und nur um Mitternacht erwacht sie aus ihrer Erstarrung und durchwandelt mit Schlüsselgerassel das ganze Schloß.

Als die schwarze Frau mit ihrem Raube verschwand, streifte sie an der Mauer und an dieser Stelle ist auch bis auf den heutigen Tag ein unverwüstlicher schwarzer Fleck zu sehen; eben so die Oeffnung, wo die weiße Frau erschien, als die schwarze den Raub ausführte. –

Man erzählt, daß die weiße Frau in derselben Nacht erschlagen wurde, an welcher Žiška zur Welt kam. (S. Fischel aus Miškowitz.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 67-68.
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