Die versunkenen Jungfrauen im Teiche.

[90] Unweit von Königgrätz, zwischen dem Dorfe Kuklena und der Prager Vorstadt befindet sich ein kleiner unansehnlicher Teich,[90] der aber unergründlich tief ist. Einst stand an diesem Teiche ein herrliches Schloß, welches ein Ritter mit seinen beiden Töchtern bewohnte. Die Töchter waren von besonderer Schönheit und viele bewarben sich um ihre Hand, aber alle wurden abgewiesen. Einmal bewarb sich wiederum ein Ritter um die Hand der jüngeren, der aber wurde nicht bloß abgewiesen, sondern sogar in der Nacht von den beiden Jungfrauen ermordet. Die Mutter dieses Ritters aber war eine Hexe und so verzauberte sie aus Rache das Schloß. Sie ließ dasselbe versinken und das Thor von einem Drachen bewachen. Wenn man am Ostersonntage vor diesem Orte vorbeigeht, so hört man Glockengeläute und sieht eine feurige Säule aus dem Wasser emporsteigen. Es heißt, daß an diesem Tage die beiden Jungfrauen in ihre Schloßkapelle gehen, wohin sie auch der Drache begleitet. (H. Riemer aus Königgrätz.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 90-91.
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