Einer, der's faustdick hinter dem Ohr hat.

[83] Es war einmal ein ganz ur- und steinalter Mann. Er lebte nicht nur schon sehr lange, sondern er war auch seinerzeit ein tüchtiger Kerl, denn er hatte nicht weniger als sieben Schock Söhne und sogar noch sieben Stück dazu.

Als diese vierhundertsiebenundzwanzig Söhne erwachsen waren, wollten sie alle miteinander heiraten; und daher gingen sie zu ihrem Vater und fragten ihn, wie sie sich dazu anstellen sollten. »Das verstehe ich besser als ihr,« sagte der Alte. »Laßt nur mich machen, ich werde schon für jeden von euch eine Frau ausfindig machen. Sattelt mir nur meinen alten Gaul, dann will ich sogleich fortreiten, um für euch zu freien!«

Er mußte aber weit herum reiten, bis er endlich einen Mann auskundschaftete, der sieben Schock Töchter [84] besaß und noch sieben Stück darüber, die noch alle unversorgt waren. Mit dem ließ sich etwas machen, drum ritt er zu ihm hin. Ein Knecht nahm ihm das Pferd ab und er selbst ging zu dem Mann hinein und knüpfte mit ihm ein Gespräch an, und unter andern Dingen kam er dann auch darauf zu sprechen: – daß er eigentlich zu ihm komme, um für seine Söhne anzuhalten um seine sämmtlichen Töchter.

Sie kamen dann überein miteinander, daß die jungen Leute alle bei dem alten Vater der Söhne wohnen sollten, während der andere die Hochzeit für alle sieben Schock und sieben Paare zu bestreiten hat. Als alles auf diese Weise abgemacht war, sagte er fremde Mann zu dem Knecht, daß er ihm jetzt sein Pferd wieder satteln und vorführen möchte. »Hat mein Gaul etwas zu fressen bekommen?« fragte er; »denn ich habe sehr weit heim und mag unterwegs nicht anhalten, um ihn zu füttern.« – »Ja,« antwortete der Knecht, »er hat schon etwas bekommen, denn er hat sieben Fuder Heu zusammengefressen.« – »Hat er aber auch etwas zu saufen bekommen?« fragte der Alte weiter. »Nein, er hat nichts bekommen.« – »Nun ja, – dann kann ich ihn ja noch saufen lassen, wenn wir am See vorbeikommen,« sagte der Alte, »das ist ja weiter nicht der Rede werth.«

[85] Darauf ritt er weg von dem Hofe und gelangte bald zu dem See, der aber ziemlich klein war, denn er erstreckte sich höchstens auf sieben Meilen im Umkreis. Der Alte ritt mit seinem Gaul hinein, und dieser soff den ganzen See aus, denn er hatte lange stehen müssen und war davon gar durstig geworden.

Als aber das Wasser im See so zu sinken begann, daß es zu wenig für die Fische war, die darin nicht mehr schwimmen konnten und diese im Schlamm liegen und umkommen mußten, fanden sich gleich eine Menge Vögel ein, die unter den Fischen tüchtig aufräumten. Als der Mann, der auf dem Pferde saß, in die Höhe schaute, um zu sehen wohin die Vögel mit den Fischen flogen, da fiel ihm etwas von einem Vogel ins Auge. Er griff zwar gleich nach dem Ding, konnte es aber durchaus nicht herausbekommen. Es blieb ihm daher nichts anderes übrig, als in größter Eile nach Hause zu reiten, während er beständig die eine Hand vor das Auge, das ihn schrecklich schmerzte und juckte und voll Wasser stand, halten mußte.

Sobald er heimkam, erzählte er seinen Söhnen, daß er so glücklich wäre, für jeden von ihnen eine Braut gefunden zu haben, schließlich aber das Unglück unterwegs gehabt hätte, daß ihm etwas ins Auge gefallen sei; sie sollten ihm nun helfen es herauszubekommen. [86] Sie suchten es wohl und schauten und schauten, aber sie konnten durchaus nichts darin finden. Da sagte der älteste Sohn, welcher der gescheiteste war: »Wir wollen einfach unsere Schiffe ins Auge hineinbringen und darin herumsegeln und versuchen, ob wir es am Ende nicht doch noch finden können.« Das thaten sie auch und segelten sieben ganze Tage darin herum, und fanden endlich auch, was sie suchten; und was war es? – ein Fischbein, das ein Vogel verloren hatte. Sie erwischten es mit einem langen Bootshaken und zogen es dann aus dem Auge heraus.

Dann mußten sie sich um einen Tischler umsehen, der ihnen sieben Schock und sieben Bettstellen für die vierhundertsiebenundzwanzig jungen Paare machen konnte. Und es traf sich mit diesem Fischbein so glücklich, daß es der Tischler legen und sägen und zurechtschneiden, und daraus die Pfosten für sämmtliche vierhundertundsiebenundzwanzig Betten machen konnte.

Als diese fertig und brauchbar waren, wollte der Alte eines Tags sein Mittagsschläfchen auf einem solchen Bett halten und setzte seine rothe Schlafmütze auf und legte sich nieder. Als er schon nahe daran war in Schlummer zu fallen, kam Herr Reineke Fuchs hereingeschlichen und begann an einem dieser Bettpfosten zu nagen. Und es schien ihm, daß er sowohl [87] nach Vogel als nach Fisch schmecke. Darüber wurde der Alte aber so ärgerlich, daß er seine rothe Schlafmütze nahm und sie nach Meister Reineke warf, worüber dieser so erschrak, daß er auffuhr und sich geschwind im Barte des Alten versteckte.

Der Alte griff zwar gleich, als Reineke in seinen Bart schlüpfte, nach ihm, erwischte ihn aber nicht und später war es ihm rein unmöglich zu finden, wo sich der Fuchs versteckt hatte. Darum rief er all seine Söhne herbei, daß sie zu ihm kommen und ihm helfen sollten, um Reineke zu fangen. Da sagte der älteste, denn er war ja der gescheiteste, daß es am klügsten wäre, wenn jeder seine gute Sense zur Hand nähme – es würde zwar dem Barte einige Haare kosten; – aber auf eine andere Art würden sie den Meister Reineke eben nie erwischen können. Da holten sie denn ihre Sensen, sämmtliche vierhundertundsiebenundzwanzig Söhne arbeiteten darauf los, und jeder einzelne mähte sieben Schwaden in sieben Tagen; und dann fanden sie schließlich auch den Fuchs in seinem Versteck: – er hatte sich hinter dem rechten Ohr des Alten verkrochen! Da hatte er sich ganz gemüthlich und bequem eingemiethet und noch überdieß sieben Junge geworfen, ehe sie ihn erwischt hatten.

[88] Als aber auch das wieder in Ordnung und geschehen war, zogen sie hin und hielten alle miteinander Hochzeit; und die Hochzeit war sowohl großartig als prächtig und währte nicht weniger als sieben Schock Tage und noch sieben darüber.

Quelle:
Grundtvig, Svend: Dänische Volksmärchen [1]. Leipzig: Joh. Barth, 1878, S. 83-89.
Lizenz:
Kategorien: