40. Vom Breitöpfchen.

[158] Es war einmal ein Mann und eine Frau, die wußten eines Abends nicht, was sie essen sollten. Endlich sprach der Mann: »Frau, laß uns Brei essen.« – »Nein, sprach die Frau, dann müßte ich morgen das Breitöpfchen spülen, und das thue ich nicht.« – »Ich thue das auch nicht,« sprach der Mann und da zankten sie sich, wer das Breitöpfchen spülen müßte; endlich aber kamen sie überein, der sollt' es spülen, der zuerst sprechen würde.

Da aßen sie den Brei und gingen schlafen und am andern Morgen sprach keiner von ihnen vom Aufstehen. Es wurde sieben Uhr, acht Uhr und gar zwölf Uhr und sie lagen alle zwei noch immer im Bett. Die Nachbaren fanden das wunderlich, sprachen untereinander: »Es sind gewiß Räuber gekommen und haben die Zwei ermordet,« [158] und sie brachen die Thür auf und kamen in die Schlafkammer, sprachen, sie sollten doch aufstehen, aber sie kriegten keine Antwort. Da sagte einer von den Nachbarn: »Wart, wir wollen den Pastor holen, dann können sie beichten.« Der Pastor kam, aber die Zwei wollten nicht beichten, waren still wie die Mäuschen. Da ging der Pastor nach Haus und die Zwei blieben liegen bis zum Abend und sprachen kein Sterbenswörtchen. Da kam der Pastor wieder und frug: »Haben sie noch nichts gesprochen?« – »Nein,« erwiderten die Nachbarn. »Dann bleibet hier und pfleget sie!« sprach der Pastor. »Ja, wer soll uns aber dafür bezahlen?« frugen die Nachbarn, und der Pastor antwortete: »Ihr werdet schon bezahlt werden; da hängt noch ein guter Weibermantel an der Wand, nehmt den und macht euch bezahlt.« Da schoß das Weib in Wuth und schrie: »Was? Ihr wollt meinen Mantel nehmen? Nehmt, was Euer ist, aber lasset andern Leuten ihre Sachen.« – »Aha,« sprach der Mann, »nun geh und spüle das Breitöpfchen,« und so mußte das Weib das Breitöpfchen spülen.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Deutsche Märchen und Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1845, S. 158-159.
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