Quellennachweise und Anmerkungen

[322] 1. Quelle: Edmont in Revue des traditions populaires XIX 400 aus Ramecourt bei Arras. Zur Bohnenrankeneinleitung s. auch unten Nr. 8. Sie ist für das französische Märchen charakteristisch. Sie gehört zu unserm Märchen auch Rdtp III 19 (Eichel), IX 181, XXIII 86 (Lilie), Sébillot: Orale 213, Sébillot: Contes I 12, Carnoy: français 249, Carnoy: Picardie 308, Cosquin 56 (Erbse). Eine Reihe bretonischer Märchen geben eine andere Einteilung: der Wind entführt oder vernichtet einen Wertgegenstand des Helden, und dieser geht, vom Wind Ersatz zu fordern. Er erhält die drei Wunschdinge: So in Luzel III 63, Rdtp. IX 182, XI 518, Sébillot: Contes III 24. Die gestohlenen und durch Prügel zurückerworbenen Zaubergaben gehören zu KHM 36. Vgl. Bolte-Polivka I 346, Aarne 563 und besonders Aarne in Journal de la soc. finn.-ougr. XXVII. Aarne sucht die Unform des Märchens in Südeuropa. Der Knüppel aus dem Sack erscheint zuerst im 14. Jahrhundert, wo er dem Albertus magnus beigelegt wird, vgl. Wolf DMS Nr. 41.

2. Quelle: H. Carnoy: Contes français, Paris 1885 S. 39, »Quatorze« aus Famechon (Dep. Somme). Der Zahlname für den starken Hans kehrt auch sonst wieder: er heißt 13 (Wolf DMS 22), 14 (Rdtp IX 179, Roche S. 31, Wisser: Plattd. Vksmch. S. 81), 30 (Rdtp I 329, Luzel I 98, s. auch unter Nr. 33). Die Abenteuer des starken Helden sind mannigfaltig. Er tritt in Dienst gegen soviel Lohn, als er auf dem Rücken tragen könne (Rdtp I 329, Cosquin 14, 46, 69) und nimmt dann alles Korn des Herrn mit, treibt Wölfe statt der Kühe heim (Cosquin 69), trägt drei Ochsen über die Schultern geworfen auf einmal (Cosquin 14) und entwickelt eine ungeheure Freßlust (Cosquin 46). Der Herr sucht sich daher seiner zu entledigen und schickt ihn in die Teufelsmühle (Cosquin 14, 46), wo er aber den Teufeln übel mitspielt, dann mit einem Uriasbrief zum Kerkermeister (Cosquin 14, 46), wieder ohne Erfolg, oder er schickt ihn in einen Brunnen und wirft einen Mühlstein und die Kirchenglocke auf ihn, die er als Halskragen und Nachtmütze wieder mit heraufbringt (Cosquin 46). Das Märchen vom starken Hans entwickelte sich aus dem germanischen Riesen über den keltisch-spielmännischen Jaiant des Mittelalters und den groteskunflätigen Gargantuatypus des 16. Jahrhunderts (s. oben Nr. I 21) zu seiner heutigen Form. Vgl. dazu Bolte- Polivka II 285 zu KHM 90 Aarne 650. Verwandt ist unten Nr. 59.

3. Quelle: H. Carnoy: Litérature orale de la Picardie, Paris 1883, S. 78 »le bonhomme Misère et son chien Pauvreté« aus Beaucourt sur l'Hallue (Dep. Somme). Die bekannte Geschichte vom Schmied von Jüterbogk wurde im 16. Jahrhundert von Cintio dei Fabrizii in seinem Buche: »Libro dell' origine dei volgari proverbii« Prov. 1 »La invida non morite mai« zu einer Allegorie umgebildet, die erklären soll, warum das Unglück auf der Welt nicht stirbt. Das tiefsinnige Geschichtchen gewann[323] einen großen Einfluß auf den modernen Märchenschatz: in den meisten französischen Fassungen heißt der Held Misère. (So Rdtp V 299, Sébillot: Contes II 32, Sébillot: Orale S. 175.) Vgl. Bolte-Polivka II 185 und unten Nr. 8. Zur Prellung des Teufels durch den Schmied vgl. die Anmerkungen Boltes zu KHM 82, Aarne 330. Weiteres zum geprellten Teufel s. unten Nr. 38. Das Motiv von der Erdenreise der Himmlischen erscheint schon in der Antike sowohl wie im germanischen Altertum, im Märchen scheinen Christus und die Apostel auf der Wanderung weniger die unmittelbaren Nachfolger Wotans, Lokis und Hönirs zu sein als vielmehr eine christliche Substitution für die Dreizahl der Feen oder sonstiger Märchendämonen, wie wir ihnen oben Nr. I 22 c als Gewährer von drei Wünschen begegneten. Auch der Misèretyp gehört in den großen Kreis von den törichten Wünschen. Vgl. Champfleury: Récherches sur les origines et les variations de la légende du Bonhomme Misère. Paris 1861.

4. Quelle: Carnoy: Lit or. de. la Picardie S. 120, »Le souper du fantôme« aus Thièvres (Somme). Die Don Juansage ist in Frankreich sehr verbreitet. Lothring.: Cosquin 57, Breton: Luzel lèg chr. II 126, Orain I 88, Rdtp XIII 590, Sébillot: Traditions I 260, 263, Sébillot: lèg. chrét. 32, le Braz 71, Gascogn. Bladé II 92. Deutsche Parallelen: DS 334, 335, Schönwerth III 149, Meiche 281, 671, Reiser 500, Zingerle 354, Bartsch 108, 371, 621, Wolf DMS 116, Strackerjan 171 k, Graber 108, 109, Tettau-Temme 127 u.a.; vgl. R. Köhler, kl. Schr. I 154, Z.f. vgl. Literaturgesch. XIII 389.

5. a) Quelle: H. Carnoy: Contes français S. 185 aus Thièvres (Dep. Pas de Calais). Das Märchen von der goldenen Gans (KHM 64), im Deutschen harmlos und echt märchenhaft, hat im Romanischen den Ton Boccaccios und den Übermut der Fabliaux angenommen. (Ähnlich den nordfranzösischen sind die bretonischen Fassungen, Luzel III 407, Rdtp IX 272, 274.) Vgl. Bolte-Polivka II 39, Aarne 571. Der Stoff von der Königstochter, die nicht lachen kann, begegnet im Französischen zuerst im Parzival (s. oben Nr. I 6).

b) Quelle: H. Carnoy: Lit. orale de la Picardie S. 202 aus Thièvres (Pas de Calais). Aarne 593 »Fiddivav«. Der Schwank ist entfernt mit dem vorigen verwandt. Nähere französische Parallelen sind mir nicht bekannt geworden. Die Schlußwendung: »le coq chanta et il était jour« ist im französischen sehr beliebt, vgl. noch Carnoy: Picardie S. 288, 272, Sébillot: Auvergne S. 41, du Méril: Études S. 452, Mélusine I 110, 113 R. Petsch: Formelhafte Schlüsse im Volksmärchen S. 60. Durch die Formel wird die Handlung des Märchens in das Traumhafte verlegt. Weitere charakteristische Schlußformeln s. oben I 22 a, unten Nr. 9, 14, 21, 25, 33, 39 b, 42, 44 b, 45, 46, 49.

c) Quelle: Carnoy in Mélusine I 279 aus Warloy-Baillon (Somme). Vgl. Bolte-Polivka II 359 zu KHM 94, R. Köhler I 151, Aarne 921. Die klugen Antworten gehen auf mittelalterliche Dispute zwischen Salomon und Markolf zurück. Vgl. zum Rätsel mit dem Läufer: Wilhelm Hertz, Gesammelte Abhandlungen.

6. Quelle: J. Fleury: Litérature orale de la Basse- Normandie, Paris 1883, S. 151 »La fille sans mains« aus Cherbourg. Das Märchen vom [324] Mädchen ohne Hände (KHM 31), das übrigens nur einen Zweig des großen Kreises von der unschuldig leidenden Königin (siehe oben Nr. I 8, 11 f) bildet, ist bekanntlich im frühen Mittelalter in England und wenig später auch in Frankreich nachweisbar. Vermittler zwischen beiden Ländern waren offenbar die Normannen. So hat denn auch diese moderne normannische Fassung noch das typisch Germanische bewahrt. Nicht nur stofflich – die Obstgartenversion ist sonst französisch nicht überliefert –, sondern auch im Stil: das Märchen ist viel raum- und zeitloser als die Mehrzahl der französischen Märchen, auch nicht so mit Wundern überhäuft wie seine bretonischen Entsprechungen, und es ist von einer gewissen Keuschheit und Innigkeit, die man als germanisches Erbteil ansprechen darf. In den meisten neufranzösischen Fassungen (Sébillot: Contes I 15, Mélusine II 392, Rdtp XIX 557, XXIII 235, Luzel lég. chr. II 244, Rev. d. lang. rom. XXXI 582), die bis auf eine alle der Bretagne angehören, ist unser Märchen eine merkwürdige Verbindung mit dem Dornröschenstoff eingegangen. Ich setze die knappste derselben zum Vergleich hierher (Frison in Rdtp XXIII 235 aus Basse-Bretagne).

Eine Frau sagte zu ihrem Mann: »Deine Schwester hat meine Katze getötet!« »Ich liebe sie trotzdem!« erwiderte er. »Sie hat meinen Hund getötet!« »Ich muß sie lieben!« »Sie hat mein Kind getötet!« Sie log, aber der Bruder schnitt der Schwester einen Teil der Arme ab und setzte sie in einem Dornstrauch aus. Dabei hakte sich ein Dorn im Fuße des Mannes fest und die Jungfrau sprach zu ihm: »Solange ich weder Arme noch Hände habe, werdet Ihr ihn nicht herausziehen können.« Der Hund eines Jägers brachte der Jungfrau alle Tage das Brot, das er erhielt. Der Herr folgte seinem Hund, sah das Mädchen und führte es mit sich. Er heiratete es trotz des Einspruchs seiner Familie. Während er im Dienst war, bekam sie einen Knaben und ein Mädchen. Die Schwägerin schrieb dem Manne, daß sein Weib soeben einen Hund und eine Hündin in die Welt gesetzt habe, und sie sagte der Frau, sie solle die Kinder in den Backofen stecken. Diese letztere, die das für einen Befehl ihres Mannes hielt, verbarg ihre Kinder in einem Sack und ging mit ihnen davon. Sie konnte ihnen nichts zu trinken geben, da sie nur Stummel statt der Hände hatte. Sie kam an eine Quelle, wo ein Vogel sang: »Tauche die Hände hinein.« Sie tat es zweimal und bekam die Glieder wieder, die ihr fehlten. Die Kinder baten um Essen. Der Vogel riet der Mutter, auf das Wasser zu schlagen, und es entstand ein schönes Haus mit Speisen darin. Eines Tages spielten die Kinder auf der Schwelle des Hauses und sagten: »Sieh, da kommt Papa!« Er kam und sagte, daß er nicht befohlen habe, man solle die Kinder in den Backofen stecken. Dann suchte die Frau ihren Bruder auf. Ein Dornstrauch drang durch den Kamin seines Hauses. Der Bruder konnte sich nicht vom Kamin fortbewegen. »Ich hatte Euch versichert, daß Ihr den Dorn nicht eher würdet herausziehen können, bis ich meine Arme und Hände wiederhätte,« sagte sie. Er zog den Dorn heraus, aber er starb bald darauf.

Typisch für das Französische ist es, daß ein Hund oder eine Elster der Heldin Nahrung bringen (so auch Sébillot I 15, II 39 Rdtp IX 181,[325] Mélusine II 392, Rdlr XXXI 582). In anderen Fassungen ist es St. Petrus, der ihr den Arm zurückgibt (Rdty XIX 557, Bladé II 126), Literatur zum Märchen von der Jungfrau ohne Hände vgl. BP. I 295, PBB IV 512, ZVfVkk XVI 213, Gough in Palaestra 23, H. Däumling: Münchener Diss. 1912 – Aarne 706. Der Zug der abgehauenen und wieder angeheilten Hände gehört jedenfalls nicht zur Urform des Märchens. In einer poitevinischen Marienlegende (Mél. II 446) erhält die heilige Jouine ihre Hände wieder, als sie die Mutter Gottes bei der Geburt Christi unterstützt.

7. Quelle: J. Fleury ebd. S. 186 aus Gréville. Übersetzt von Blümml: Schwänke und Schnurren des französischen Bauernvolkes Nr. 46. Die Erzählung stellt nicht eine Variante, sondern vielmehr eine Umkehrung des deutschen Märchens von »Hans im Glück« dar. Während der deutsche »Dummling« seine Goldkugel gegen immer geringwertigere Dinge eintauscht, bis ihm schließlich sein Stein ins Wasser fällt, wobei er dann noch Gott für die Gnade dankt, daß er ihn von dieser Last befreit habe, und sich für den glücklichsten Menschen unter der Sonne hält, bringt es der französische »Malin« von einer Bagatelle bis zu einer Braut, bis er zuletzt doch geprellt wird. In wenig Typen zeigt sich so klar wie hier der Unterschied zwischen germanischem und galloromanischem Volkstum. Hier das heitere Bewußtsein: ich hab' mein' Sach' auf nichts gestellt, dort die Erkenntnis: nehmen ist seliger denn geben. Der Scherz ist in Frankreich weit verbreitet (Sébillot: Contes I 64, Luzel III 400, Rdtp IX 453, XXIII 287, Cosquin 62, Rev. des langues rom. III 206, Deulin I 304), vgl. Bolte-Polivka II 201 zu KHM 83, Aarne 1415.

8. Quelle: M. Éd. du Méril: Études sur quelques points d'archéologie et d'histoire littéraire, Paris, Leipzig 1862, S. 474, ohne nähere Ortsangabe. Zur Erdenwanderung der Himmlischen und zur Bohnenranke s. oben Nr. 3 bzw. 1. Das Märchen ist eine offenbar vom Herausgeber stark überarbeitete Variante zu KHM 19: »Der Fischer un sine Fru«. Vgl. Bolte-Polivka I 138, Aarne 555. Die gleiche Umrahmung findet sich französisch bei Carnoy: Contes français S. 303, Rdtp X 487, XV 367. Im poitevinischen Märchen (Rdtp X 487) wird die begehrliche Frau zur Strafe in eine Eule verwandelt, ebenso in einem flandrischen (Sébillot: Provinces 18). Das Märchen gehört mit oben Nr. I 17 b, 22 c, II 3 und unten Nr. 47 in den großen Kreis der törichten Wünsche.

9. Quelle: E. Cosquin: Contes populaires de la Lorraine, Paris o.J. I 121 Nr. 11, »la bourse, le sifflet et le chapeau« aus Montiers sur Saulx (Meuse). Vgl. die Anmerkungen Cosquins, Bolte-Polivka I 477 zu KHM 54, Aarne 566. Das Märchen gehört wie oben Nr. 1 zum Kreise der drei Zaubergaben, sein nächster Verwandter ist das berühmte Volksbuch von Fortunat. Neben den Hörnern (Luzel III 23, Rdtp IX 179, Sébillot: Contes I 5, Gittée 67, Deulin 85) ist es eine lange Nase (Carnoy Pic. 292) oder gar ein Schwanz (Carnoy: Contes franç. S. 75), der durch den Genuß von Äpfeln (Sébillot I 5, Luzel III 23), Birnen (Rdtp IX 179, Carnoy: Pic. S. 292), Feigen (Carnoy: Contes franç. 75) oder Pflaumen (Deulin S. 85) hervorgerufen wird. Die[326] Rache: die Mißgestalt bleibt der Prinzessin erhalten, teilt unser Märchen mit dem kanadischen bei Carnoy: frç.; in anderen Fassungen (Rdtp, Carnoy: Pic.) kommt es zur Heilung und sogar zur Versöhnung und Ehe mit der Prinzessin. Zum Schluß: der Erzähler behauptet, die Heldin gestern selber gesehen zu haben, vgl. Petsch a.a.O.S. 69.

10. Quelle: E. Cosquin ebd. I 166 Nr. 15, »Les dons des troix animaux« ebendaher. Das Märchen ist ein Mischtypus aus mindestens vier Bestandteilen. Beginnend mit dem Thema der dankbaren Tiere (vgl. Bolte-Polivka II 19 zu KHM 62 und II 434 zu KHM 104 a, I 134 zu KHM 17, III 365 zu KHM 191, Aarne 554), lenkt es in den bekannten Stoff der Hymiskvida von der Riesenseele im Ei über (vgl. Bolte-Polivka III 434, Aarne 302), dabei aber die wichtigsten Züge dieses wahrscheinlich indischen Stoffes übergehend. Damit vermischt sich das Thema des Brüdermärchens (s. unten Nr. 49), welches herrschend bleibt, bis der Held von seinem Nebenbuhler ins Meer gestürzt wird. Dieser Zug ist dem Kreis vom dankbaren Toten entlehnt (s. oben Nr. I 20 a). Der Schlußteil endlich entspricht dem Märchen von der Nixe im Teich (KHM 181, Bolte- Polivka III 322, Aarne 316). Vgl. auch die Anmerkungen Cosquins zu 15 und 50.

11. Quelle: E. Cosquin ebd. II 198 Nr. 61, »La pomme d'or« ebendaher. Das Märchen ist die einzige französische, allerdings sehr verblaßte Variante des germanischen Falladamärchens (KHM 89, vgl. Bolte-Polivka II 280, Aarne 533), welches zum großen Kreis der untergeschobenen Braut gehört (vgl. oben Nr. I 3 und unten Nr. 34).

12. Quelle: E. Cosquin ebd. II 1 Nr. 31, »L'homme de fer« ebendaher. Zum Stoff vgl. KHM 116, Aarne 562, Bolte-Polivka II 535 und besonders: Aarne: Der Zauberring in Folkl. Fellows Communications. Eine bretonische Variante (Luzel III 77) ist sehr ähnlich, hat aber eine Schlußformel angehängt, in welcher ein Nebenbuhler die Zauberkerze raubt und dem Dämon befiehlt, den Helden auf eine ferne Insel zu tragen. Mit Hilfe von drei Wunschdingen, die er streitenden Brüdern raubt, kehrt er heim und erringt Kerze und Frau zurück, während der Rivale das dem Helden zugedachte Schicksal erleiden muß. In anderen Märchen (Sébillot III 18, Bladé III 23) sind es die dankbaren Tiere, die dem Helden seine Kerze zurückstellen. Hierzu vgl. Bolte-Polivka II 454, Aarne 560, 561. Die Märchengruppe ist orientalischer Herkunft und entspricht dem Aladdinmärchen. La Ramèe bedeutet »Gebüsch« und kann vielleicht mit »Stoppelbart« übersetzt werden. La Ramée ist der stehende Name des ausgedienten Soldaten im französischen Märchen. Vgl. unten Nr. 42 (Cosquin 3, 33, 82, Pineau S. 59, 127, Rdtp IX 270, XII 487, XIII 182, XVII 399, XIX 560). Die Figur des ausgedienten Soldaten und des Deserteurs, im deutschen Märchen sehr häufig und durchaus sympathisch aufgefaßt, ist im militaristischen Frankreich äußerst selten. Das Umschauverbot ist germanischen Schatzsagen entnommen (z.B. Grimm DS 159). Die Zaubergeige ist dem Typus von KHM 110 entlehnt.

13. Quelle: E. Cosquin ebd. II 234 Nr. 65, ebendaher. Aarne 428. Das Märchen stammt aus dem Schluß des Amor und Psyche märchens bei Apulejus, doch wurde die Formel von den drei Aufgaben im Hexenhaus,[327] die ursprünglich zum Jason- und Medeatypus gehören (KHM 113, s. auch oben Nr. I 30, 31; vgl. Aarne 428), wahrscheinlich erst von der Vorlage des römischen Autors in den Psychestoff, mit dem sie von Haus aus nichts zu tun hat, übernommen. Über Apulejus hinaus tritt das Motiv von der Hochzeitsfackel hinzu, das wohl auch schon auf die Antike zurückgeht: Plautus erwähnt den Brauch in seiner Casina. Das Märchen scheint über Italien nach Ostfrankreich gewandert zu sein (vgl. die Anmerkungen bei Cosquin II 236) und von dort durch keltische Vermittlung (Sébillot: provinces 12 teilt eine Fassung aus Ouessant mit) nach Skandinavien, wo es verwirrt und vermischt mit dem Drosselbartstoff bei Saxo und Snorri begegnet. Vgl. A. Olrik: Kilderne til Sakses Oldhistorie, Kopenhagen 1892–94, II 230. Das Motiv vom verhängnisvollen Geschenk stammt aus Zwerg- und Waldgeistersagen.

14. Quelle: Sadoul in Revue des trad. pop. XIX 67 aus Raon l' Étape (Dep. Vosges), »la ville des roses«. Der erste Teil des Märchens gehört zum Typus Hans ohne Furcht (KHM 4, Bolte- Polivka I 22, Aarne 326). Dieser ist in Frankreich weit verbreitet und geht häufig in den Kreis vom Drachentöter über, (so: Sébillot I 11, Cosquin 67, Rdtp IX 172, 173, XXIV 442.) Der zweite Teil entspricht dem in Westeuropa nicht sehr häufigen Cymbelinemärchen (Aarne 882), vgl. oben I 14 d. Das Aussetzen der verleumdeten Frau auf einem steuerlosen Schiff begegnet schon in der mittelalterlichen Constanze-Crescentialegende, vgl. oben I 9, 11 f. Häufig im Märchen ist die Strafe des Auseinanderreißens durch vier Ochsen oder Pferde (vgl. noch Sébillot I 11, Luzel II 295, 299, III 177, Bladé II 89, Mélusine I 423). Sie ist germanischen Ursprungs und erscheint zuerst bei Gregor v. Tours (Hist. franc. III 7). Die drollige Schlußformel ist französisch sehr beliebt (vgl. noch Sébillot I 81, Rdtp VII 614, IX 277, XV 642, XIX 562, Luzel I 389, III 360, Carnoy: français S. 244, Cosquin II 294). Ähnliches findet sich auch im Plattdeutschen (vgl. Petsch a.a.O.S. 71). Derber heißt es Rdtp XIX 562 ebenfalls aus Raon: Da gab es große Feste und Bankette ohne Ende. Ich erinnere mich wohl daran, denn ich war dabei, um die Schüsseln abzutragen; dabei ließ ich eine fallen. Der Oberkoch gab mir, um mir beizubringen, daß ich mich besser in acht nehmen solle, einen solchen Fußtritt in den Hintern, daß mir das Loch noch davon geblieben ist. Ich könnte es vorzeigen.

15. Quelle: H. Carnoy: Contes français S. 203 aus Vacqueville (Dep. Meurthe-et-Moselle), vgl. KHM 40, Bolte-Polivka I 370, Aarne 955. In den bretonischen Varianten (Rdtp IX 348, XXIII 285) erzählt die mutige Bauerntochter ihr Erlebnis im Mordschloß als einen Traum. Das Märchen erinnert an den Blaubart und dürfte gleichfalls eine mythische Grundlage haben. Die Reiter, die Warnung und der Frauenmord lassen an Sagen vom wilden Jäger denken. Heute ist das Märchen zu einer Schauergeschichte geworden und das einzige Mythische sind die warnenden Vögel. Weissagende und todankündende Vögel sind Ableitungen aus dem Glauben an das Fortleben der Seele in Vogelgestalt und im älteren Germanischen sehr häufig (Siegfriedsage vgl. Panzer: Hilde-Gudrun S. 380, du Méril: Études S. 477, Grimm D. My. 1086,[328] ZVfVkk XV 1), auch im modernen französischen Volksglauben spielen die Vögel eine große Rolle: Elstern und Raben gelten für Unglücksboten und für bösen Angang (Rolland: Faune populaire I 149, 116), eine Henne, die kräht, verkündet einen Sterbefall im Hause (Sauvé S. 20), Hahnenkraht abends und in der Nacht deutet auf Tod oder schlechtes Wetter (Rdtp XII 548, Sébillot: Traditions II 132), die Wachtel gibt Weissagungen für die Ernte (Sébillot: Trad. II 150), Kauz, Eule gelten allgemein als Totenvögel (ebd. II 162, 165, Rolland I 47). Eine weitere Gruppe des Märchens vom Räuberbräutigam begegnet bei Cosquin 16 (Rdtp XII 537, Sébillot: Contes I 62).

16. Quelle: F. May in Revue des trad. pop. I 241, »le loup et le renard« ohne nähere Ortsangabe. Der Tierschwank, der zum Kreise des geprellten Wolfes gehört, geht in seinem Schlußteil über die deutsche Entsprechung KHM 2 (vgl. Bolte-Polivka I 9, Aarne 15) hinaus. (Die Fortsetzung findet sich auch Pineau S. 187.)

17. Quelle: E. Beauvois: Contes populaires de la ... Bourgogne, Paris 1862, S. 203, »Cadet-Cruchon« ohne nähere Ortsangabe. Um die Gestalt des Jean-le-bête hat sich im Französischen ein komisches Heldenepos gebildet, dessen einzelne Canti den verschiedenen Narrenstreichen des beliebten Helden entsprechen. Die burgundische Version ist sehr vollständig, wenn auch die Verknüpfung der einzelnen Akte etwas gewaltsam ist und wohl erst vom Sammler herrührt. Die Nadel im Heuwagen, die ausgestochenen Augen und die fallengelassene Türe begegnen auch bei Grimm (KHM 32 bzw. 59, vgl. Bolte-Polivka I 314, 319, 520, Aarne 1006, 1685, 1653). Der Streich mit der Tür ist zweifellos französischer Herkunft, denn er beruht auf dem Wortspiel porter und porte. Zum Verkauf der Leinwand an die Heiligenstatue vgl. Cosquin 58 mit Anmerkungen (ferner Sébillot: Auvergne S. 81, Pineau S. 275, Bladé III 123, Sébillot: Contes I 223, Vinson S. 93, Rdtp XI 504, Rdlr XXXI 579). Ebenda findet sich auch der laufende Dreifuß (zu diesem vgl. Bolte-Polivka I 521 A 1) und in etwas anderer Form das Wäscheabenteuer.

18. Quelle: H. Carnoy: Contes français S. 217, » Petit pou et petite puce« aus Neuilly (Dep. Cher). Häufungsmärchen sind in Frankreich sehr verbreitet. Parallelen zur Gruppe vom Mitgefühl der leblosen Gegenstände vgl. Bolte-Polivka I 293 zu KHM 30. Eine zweite Gruppe läßt ein Tier an einer Schale ersticken oder sich eine Wunde beibringen, während das andere umherläuft, um Hilfe zu holen, wobei es der eine Helfer immer an den andern weist. Vgl. Bolte-Polivka II 146 zu KHM 80, Cosquin 29 mit Anmerkungen; in einem dritten Fall wird die Hilfe der Gegenstände angerufen, um ein widerspenstiges Haustier heimzutreiben. Vgl. Cosquin 34 mit Anmerkungen (Rdtp III 182, Pineau S. 275). Arabischer Herkunft ist das Häufungsmärchen von der Suche nach dem Stärkeren, das in den Fabeln der Marie de France (Warnke Nr. 73) auftritt. Vgl. Mélusine I 356, Lafontaine IX 7. Zur Ableitung der Häufungsmärchen aus jüdischer Quelle über den Chanson de Bricou vgl. Bolte-Polivka II 180 zu KHM 72 a.

19. Quelle: A. Millien in Rev. des trad. pop. I 24, »la veillée dans le[329] puits« aus Rigny (Nivernais). Das Märchen gehört in den Kreis der Frau Holle (KHM 24; vgl. Bolte-Polivka I 207, Aarne 480). Die Frau Holle des hessischen Märchens dürfte erst später an Stelle der hier erhaltenen keltischen Quellfee getreten sein. Ähnlich in Lohn und Strafe sind Perraults »Feen«, s. oben Nr. I 29.

20. Quelle: A. Millien in Rev. des trad. pop. XXIII 27 aus Vauclaix-en-Morvan (Dep. Nièvre). Das Märchen entspricht genau KHM 6 (Bolte-Polivka I 42, Aarne 516), nur daß die Raben des deutschen Märchens durch eine Schar lutins oder Waldkobolde ersetzt werden. Das Märchen zerfällt deutlich in drei Teile: 1. eine Unterweltsfahrt zur Erwerbung einer Jungfrau. Dieser Teil wurde im Deutschen nach dem Muster der spielmännischen Werbungssagen umgebildet. 2. Die Belauschung einer Dämonenversammlung und die Ausführung der erlauschten Ratschläge. In den deutschen Varianten fällt die Belauschung, was ursprünglicher sein dürfte, erst nach dem Raub der Prinzessin. Der zweite Teil gehört zum orientalischen Märchen von den beiden Wanderern (KHM 107, s. unten Nr. 42). 3. entspricht dem Amicus- und Ameliusstoff. Das Bekanntwerden des Märchens in Europa fällt also offenbar mit der Hochblüte der Spielmannsdichtung zusammen. Das Trugbild des Ertrinkenden begegnet auch in drei bretonischen Varianten (Luzel I 386, 367, Sébillot: Contes II 22), während die lothringischen (Carnoy: Contes franç. 115) näher zum deutschen stehen. Im Bretonischen sind es Räuber, Winde und drei Personen auf einem Baum, die den Rat erteilen, im Lothringischen drei Störche.

21. Quelle: L. Morin in Rev. des trad. pop. V 735, »L'oiseau, qui dit tout« aus Troyes (Dep. Aube). Man beachte den kunstvollen Aufbau, der entgegen der üblichen Märchentechnik den Betrug der Schwester erst am Schluß enthüllen läßt. Das Märchen ist gleichfalls eine Kontamination aus drei Teilen: 1. Die drei goldenen Söhne (Aarne 707), 2. Die geduldige Frau (Genovevatypus, s. oben Nr. I 8, 11 f, II 6) und 3. Das Wasser des Lebens (s. oben Nr. I 20 b). Vgl. Bolte-Polivka II 380 zu KHM 96 und die Anmerkungen zu Cosquin 17. Die Kontamination dürfte indischen Ursprungs sein, sie findet sich zuerst bei Straparola, dann unabhängig davon in Gallands Übersetzung der 1001 Nacht. – Zum Reimschluß tui, tui: fini vgl. Petsch a.a.O.S. 58.

22. a) Quelle: L. Dart in Rev. des trad. pop. XI 321, »De mal en pis comme Tribuet« aus Pargues (Dep. Aube). Vgl. Bolte-Polivka III 145 zu KHM 143, Aarne 1696.

b) Quelle: L. Morin in Rdtp IX 611 aus Troyes (Aube). Eine erschöpfende Variantenangabe dieses und der verwandten Schwänke gibt Amalfi in ZVfVkk V 289. Schwänke über den Eigensinn der Weiber lassen sich in Europa bis ins 12. Jahrhundert hinauf verfolgen und gehen auf indische Quelle zurück. Der Schwank vom Lausknicken steht bei Etienne de Bourbon 242, Vitry 221, Pauli 595. Etienne 243, Vitry 222 folgt der Schwank vom »pré tondu« (in welchem Mann und Weib darüber streiten, ob eine Wiese abgesichelt oder abgeschoren sei. Als der Mann im Verlauf des Streites der Frau die Zunge ausgerissen hat, macht sie noch mit den Händen die Bewegung des Scherens). Dieser Schwank liegt einem Fabliau zugrunde (Mont.-Rayn.[330] IV 104), steht aber schon bei Marie de France (Warncke 94) und im Romulus (Hervieux: Fabulistes latins II 548). Eine dritte Gruppe vgl. Etienne 244, Vitry 227 mit Anmerkungen, Pauli 142, Marie de France 95, Lafontaine III 16. Er lautet bei E.v. Bourbon: Ferner erzählt Bruder Jacobus von einem anderen Weibe, das, sooft der Mann seine Nachbarn einlud, stets mit dem Manne stritt, ihn schmähte und in Verlegenheit brachte. Als nun der Mann einst seine Nachbarn eingeladen hatte, deckte er ihnen die Tafel neben dem steilen Ufer des Flusses, der an seinem Garten vorbeifloß. Die Frau war gewöhnt, immer das Gegenteil von dem zu tun, um was ihr Mann sie bat. Als der Mann und die Gäste am unteren Teile des Tisches Platz nahmen, bat sie jener, sich auch dorthin zu setzen; sie aber nahm einen Stuhl und setzte sich auf die andere Seite; und da der Mann sie bat, näherzukommen, rückte sie immer weiter weg, bis sie in den Fluß fiel. Als sie nun der Fluß seiner Strömung nach mitriß, ging der Mann zum oberen Laufe des Flusses hinauf, als ob er sie dort suchen wolle; da ihm seine Nachbarn Vorhaltungen machten und sagten, er müsse sie doch eher stromabwärts suchen, erwiderte er: »Ihr wißt, daß sie stets das Gegenteil von dem zu tun pflegte, was ihr zukam, und sie strebte stets zur entgegengesetzten Seite.« Etwas anders ist der Stoff im Fabliau du vilain mire gewendet (Mont.-Rayn. III 156), das Molière im »Médecin malgré lui« verwendet und das sich auch bei Vitry 237 findet, s. oben I 18 e. Adam Olearius fand 1635 in Rußland eine ganz ähnliche Erzählung, für die literarische Tradition ausgeschlossen ist. (Moderne französische Varianten: Bladé III 284, Rev. des trad. pop. II 380, VIII 378, 197, 329, IX 500, Rev. des pat. gallo-rom. 1888 288.) – Aarne 1365.

23. Quelle: Filleul Petigny in Rev. des trad. pop. XI 357 aus der Perche. Der Schwank erscheint zuerst in einem lateinischen Gedicht des 10. Jahrhunderts »Unibos«, dessen Heimat im deutsch-französischen Grenzgebiet zu suchen ist. Der Held ist ein Geistesverwandter des Meisterdiebs und Merlicoquets, der echt französische Malin. Weitere Listen des Unibos im Französischen sind: er verkauft einen angeblich geldmachenden Esel, dem er zuvor Goldstücke in den Hintern gesteckt hat (Cosquin 10, 20 a, 49, 71), er verkauft seinen Gegnern einen Wolf als Widder (Bladé III 104, Cénac S. 173, Rdtp XIII 396) oder einen wilden Hasen statt eines abgerichteten (Vinson S. 103, Rdtp XI 622). Zum Stoff vgl. Bolte-Polivka II 1 zu KHM 61, Cosquins Anmerkungen zu 10, 20, 49, 71, Aarne 1535, 1539.

24. Quelle: L. Pineau in Rev. des trad. pop. VI 584 aus Bonnétable (Dep. Sarthe). Vgl. Bolte-Polivka III 267 zu KHM 165, Aarne 570, 610. Besser erzählt ein poitevinisches Märchen (Pineau S. 35), daß der König den Hintern des Pferdes, auf dem der Held reitet, dreimal küssen muß. Zwei bretonische Varianten (Luzel II 146, 161) kennen Rebhühner und Eichhörnchen statt Hasen, in letzterem teilen Christus und Petrus die Wunschdinge aus. Eine gascogn. Variante (Bladé II 11) streift alles Derbe ab und macht den Schwank zu einem reinen Zaubermärchen.

25. Quelle: A. Orain: Contes de l'Ille-et-Vilaine, Paris 1901, S 127,[331] »la couronne du roi de Domnonée« aus St. Méen. Vgl. Bolte-Polivka I 260 zu KHM 28, Aarne 780, Monseur in Bull. de folklore I-III, Pineau in Rev. des trad. pop. IV 464, Ploix ebd. VIII 129. In den meisten deutschen und einigen belgischen Versionen tritt an Stelle des singenden Knochens wohl unter Einfluß der Midassage eine Pflanze. Der Knochen des Ermordeten und die Pflanze aus dem Grab sind ebenso wie der Vogel im Machandelboommärchen (s. unten Nr. 41) Manifestationen der racheheischenden Seele des Getöteten. Der hilfreiche Eremit hat nur in deutschen Varianten des Märchens Entsprechungen. Lokalisierungen dieses Märchens sind in Frankreich überaus häufig: Rdtp IV 463 nennt den Forêt de Maine, die übrigen Fassungen den Ardennerwald als Tatort. Zum Versöhnungsschluß vgl. Petsch S. 16. Er ist christlich und in Frankreich etwas häufiger als in Deutschland. (Weitere französische Belege zu Versöhnungsschlüssen: Luzel II 230, III 413, Bladé III 41, Cosquin 67, Sébillot: Orale S. 86, Rdtp IX 176, Carnoy: frç. S. 36.)

26. Quelle: A. Orain: ebd. S. 83, »Le tabouret du paradis« aus Bruz. Die einzige bisher gesammelte französische Variante zu KHM 35. Vgl. Bolte-Polivka I 342, Aarne 800.

27. Quelle: A. Orain: ebd. S. 207, »Le médecin de Fougeray« aus Grand-Fougeray. Der Herausgeber stellt die Erzählung unter die Sagen, es ist aber offenbar eine äußerst eigentümliche Variante des Märchens vom Gevatter Tod und von den Lebenslichtern, das seit dem 14. Jahrhundert in germanischen Ländern nachweisbar ist. Das Französische hat übrigens auch eine große Anzahl von Varianten dieses Märchens, welche sich von den deutschen nicht wesentlich unterscheiden. Vgl. KHM 44, Aarne 332, Bolte-Polivka I 377.

28. Quelle: P. Sébillot: Littérature orale de la Haute-Bretagne, Paris 1881, S. 73, »Peau d'ânette« aus St.-Cast. Der Eingang des Märchens stammt aus Perraults Peau d'âne, dem unser Al lerleirauh entspricht (vgl. KHM 65, Bolte-Polivka II 44, Cosquin 28). Dann lenkt es in den Typus von den drei Spinnerinnen über (vgl. KHM 14, Bolte-Polivka I 109, Aarne 501), der sich fast wie eine galloromanische Parodie des germanischen Märchens vom Spinndämon ausnimmt, dessen Name erraten werden muß (s. oben Nr. I 32). Ein Verwandter des letzteren ist in unserem Märchen der Mann mit dem Besen. In der Fassung bei Orain S. 11 ist auch das Namengeheimnis bewahrt. Das Spinngeschäft der Feen ist auch dem modernen Volksglauben bekannt, vgl. Sébillot: Folklore I 444, IV 28.

29. Quelle: P. Sébillot: Litérature orale S. 147, »Les trois dons« aus Ercé. Gehört zu KHM 110. Vgl. Bolte-Polivka II 790, Aarne 592. Die Tanzflöte erinnert an Oberons Horn, s.o. I 2.

30. a) Quelle: A. Orain a.a.O.S. 191, »Mon dieu, mon dieu, quand j'irons-ti dans le paradis?« aus Bruz. Schwänke von angeblichen Himmelfahrten begegnen auch im Meisterdiebkreis. Aarne 1737.

b) Quelle: P. Sébillot: Contes populaires de la Haute-Bretagne, Paris 1881, II 248 Nr. 45, »St.-Dénigé« aus St.-Cast. Der Wortwitz in dénigé, das an déniché (»Nesthäkchen, Eulenspiegel, Schlaumeier«) anklingt und zugleich das Entweichen aus der Nische versinnbildlicht,[332] ist deutsch nicht nachzuahmen. Zum Schwank vom falschen Heiligen vgl. noch Rdtp V 301, 569, Pineau S. 227, Rdlr XXXI 591.

c) Quelle: P. Sébillot: ebd. II 256 Nr. 49, »Celui qui coupa la tête d'un Jean« ebendaher. Auch dieser Schwank beruht auf einem unnachahmlichen Wortwitz: »jan« bedeutet im bretonischen Dialekt »ajonc« = »Ginster« und ist gleichlautend mit Jean = »Hans«. Parallelen vgl. Cosquin Nr. 77 mit Anmerkungen, Rdtp XIV 557, vgl. Lafontaine VIII 6.

d) Quelle: P. Sébillot: ebd. II 239 Nr. 43, »Jeanne la diote«. Zum Kreis von der klugen Else vgl. KHM 34, Bolte-Polivka I 335, Aarne 1450, 1384. Die Streiche der drei noch Dümmeren gehören in den Kreis der Schildbürgergeschichten, vgl. Aarne 1203, 1245. Zum Hund Allerhand vgl. Bolte-Polivka I 112 Anm. 1.

e) Quelle: P. Sébillot: Littérature orale S. 138, übersetzt bei Blümml S. 38. Über die antike Herkunft, die Nachahmungen und volksmäßigen Parallelen der Farce von Maître Pathelin handelt St. Prato in Rdtp IX 537. Vgl. noch Rdtp XXIII 427 und ZVfVkk XVI 34, Aarne 1585.

f) Quelle: P. Sébillot in Rdtp IX 338 Nr. 46 aus St.-Cast. Beide Scherze gehören zum Kreis der Schildbürgergeschichten, vgl. Aarne 1240, 1313. Zum zweiten Teil s. oben Nr. I 22 c.

g) Quelle: P. Sébillot in Rdtp XI 390 ebendaher »le soldat de Paris«. Zum Stoff vgl. Bolte-Polivka II 440 zu KHM 104, Hans Sachs V 596, Aarne 1540. Das Wortspiel zwischen Paris und Paradies weist auf französischen Ursprung des Schwankes hin.

31. Quelle: F.M. Luzel in Mélusine I 300, »Histoire de Christic, qui devint pape à Rome« aus Pédernec (Dep. Côtes du Nord). Das Märchen geht (wie das bei Luzel: légendes chrétiennes I 282) auf ein osteuropäisches Volksbuch zurück, das seinerseits aus einer Erzählung des lateinischen Romans von den sieben weisen Meistern stammt. Vgl. Bolte-Polivka I 322 zu KHM 33 und R. Köhler I 145. In den Gang des Märchens von den drei Sprachen (Aarne 671) sind Züge aus der Legende vom Engel und Waldbruder (s. oben Nr. I 11 c), vom geprellten Teufel, von Genoveva und von den vierzig Räubern Ali Babas eingeschoben. Die Einleitung vom Aufhören der Wundergabe, als die Heilige eine geringfügige Sünde begeht, begegnet häufig in süd- und westdeutschen Sagensammlungen. Das Gevatterstehen eines überirdischen Wesens ist im französischen Märchen sehr häufig; auf diese Voraussetzung ist z.B. das Märchen vom Gevatter Tod aufgebaut.

32. Quelle: F.M. Luzel: Contes populaires de Basse- Bretagne, Paris 1887, I 14, »La femme du trépas« aus Pédernec. Der Tod, bretonisch Ann Ankou, gedacht als Maskulinum im Gegensatz zur romanischen Mors, ist in Sagen und Märchen dieses melancholischen Volkes kein seltener Gast. Vgl. le Braz: La légende de la mort chez les Bretons armoricains, Paris 1902. In unserem Märchen ist der Tod natürlich eine Substitution für den Sonnengott. Seit ältester Zeit ist eine Zweiteilung in den Vorstellungen vom Totenreich bemerkbar. Neben dem in der Unterwelt scheint schon früh bei den Indogermanen ein zweites Seelenland erstanden zu sein in Verbindung mit der göttlichen Verehrung der Sonne.[333] In purpurnen Gärten, deren Schein am Abendhimmel widerstrahlte ruhte der Sonnengott mit seinen Rossen von der Tagesarbeit. Dieses Sonnenland wurde im fernen Osten oder Westen gedacht und konnte durch Entrückung den Sterblichen zugänglich werden. Deutlich ist diese Zweiteilung bei den Griechen, die neben dem freudelosen Hades die seligen Inseln jenseits des Okeanos kennen, auf denen die Äpfel der Hesperiden reifen (vgl. A. Dieterich: Nekyja, Leipzig 1883). Die Kelten scheinen fast ausschließlich das Seelenland jenseits des Westmeers gekannt zu haben, man vgl. als ältesten Beleg die berühmte Stelle Procops im bellum gothicum (wiedergegeben bei P. Sébillot: Folklore II 148). Die eigentliche Geographie der seligen Inseln wurde von den Iren geschaffen: ihre »Imrama« schildern die Erlebnisse von Reisenden und Fischern im Seelenland. Die bekannteste dieser Jenseitsfahrten ist die des heiligen Brandan (vgl. die Ausgabe von K. Meyer mit der wertvollen Einleitung von A. Nutt in Grimms Library IV, VI, London 1909). Die Vorstellung vom Seelenland jenseits des Ozeans wurde von den Wikingern nach dem Norden verpflanzt, der wie die Germanen überhaupt bis dahin nur das Seelenreich im Inneren der Erde und in hohlen Bergen (dem Glasberg des Märchens) kannte. Der Odáinsakr und Gudmunds Reich bei Saxo sind Entlehnungen aus dem Keltischen ebenso wie die Abholung von Snfjötlis Leiche durch den Totenfährmann und die Äpfel der Idun. Sagen vom irdischen Paradies haben sich auf urkeltischem Boden erhalten, vgl. den Rosengarten in Tirol, die Paradiesepisode der Kûdrûn und das Paradies der Tiere auf dem Matterhorn. Das Märchen von der Braut des Sonnengottes begegnet französisch nur in der Bretagne und Gascogne, vgl. noch Luzel I 3, 31, 40, Bladé II 191, Rdtp X 570, XVI 119. Die Urform dieses sicher uralten Märchens läßt sich nicht mehr ergründen, da alle Varianten durch das christlich-orientalische allegorische Rankenwerk überwuchert sind. Die hier wiedergegebene Fassung macht einen fragmentarischen Eindruck, die Urform hat wohl von der Befreiung der Schwester aus der Gewalt des Sonnen- und Totengottes erzählt. Die einzelnen Fassungen weichen in Art und Bedeutung der Allegorien voneinander ab, ich habe der Vollständigkeit halber die Episoden von den fetten und mageren Kühen und von den einander schlagenden Raben aus der Variante bei Luzel I 36, 38 entlehnt. Das Schlußmotiv: der Held war ohne es zu wissen mehrere hundert Jahre im Totenreich, ist eine Illustration des Bibelwortes: Tausend Jahre sind vor ihm wie ein Tag (Psalm 89). Das Motiv ist zumal auf keltischem Gebiet außerordentlich häufig und bildet den Kern der im Mittelalter weitverbreiteten Legende vom Mönch Felix. Literatur bei W. Hertz: Deutsche Sage im Elsaß S. 263, R. Köhler II 224, Panzer: Hilde-Gudrun S. 366, Dunlop- Liebrecht S. 543. (Die Mönch-Felix-Sage mit dem verlockenden Vogel begegnet französich: Carnoy: Pic. S. 149, Rdtp XII 82, XIII 646, Lecoeur I 254, Sébillot: Auvergne S. 149, Romania V 473, Bozon 90.)

33. Quelle: F.M. Luzel ebd. I 98, »Trégont-à-Baris« ebendaher. Das Hauptthema des Märchens bildet der Stoff von der Jungfrau mit den goldenen Haaren (KHM 126, Bolte-Polivka III 18, Aarne 531,[334] Cosquin zu 3 und 73). Der in dieser Fassung nicht hervortretende Zug vom goldenen Haar, welches die Liebe des Königs zur Sonnenjungfrau weckt, begegnet in der abendländischen Literatur zuerst in der keltischen Tristansage, doch zeigt der gesamte Handlungsverlauf: die Werbung um die Sonnenjungfrau und die Hintergehung des Auftraggebers durch den Werber eine frappierende Ähnlichkeit mit dem indogermanischen Açvins-Dioskurenmythus. Zum Reiche des Sonnengottes im Westmeer vgl. die Anmerkung zu Nr. 32. Auch das Rapunzelmärchen (KHM 12) erzählt vom Raube der Sonnenjungfrau. In das Hauptthema sind die Stoffe des Teufels mit den drei goldenen Haaren (KHM 29, vgl. Bolte-Polivka I 236, Aarne 461) und vom Wasser des Lebens (s. oben Nr. I 20 b) eingeschaltet. Zum Schluß vgl. Petsch S. 56.

34. Quelle: F.M. Luzel ebd. III 167, »Les 9 frères métamorphosés en moutons et leur sœur« aus Merville bei Lorient. Die Tierverwandlung der Brüder begegnete in Verbindung mit dem Genovevastoff in der Einleitung der Lohengrinsage (s. oben Nr. I 8). Die bretonische Variante zeigt die Besonderheit, daß statt der Formel von den fortgenommenen Kindern die der untergeschobenen Braut (s. oben Nr. I 3, 13 f, 15 c und II 11) eingeschaltet wurde. Die Tierverwandlung der Brüder und ihre Erlösung durch die Schwester dürfte ursprünglich ein selbständiges Märchen gewesen sein, das wohl keltischen Ursprungs ist. Vgl. unten Nr. 58. Zum Zug von der liebeheischenden Hexe vgl. Maynadier: The wife's of Bath tale, London 1901. Bei Grimm entspricht KHM 49, vgl. Bolte-Polivka I 427, Aarne 451.

35. Quelle: E. Souvestre: Le foyer Breton, Paris 1858, II 137, »Péronnik l'idiot« aus Vannes. In diesem Märchen, das ein ἅπαξ λεγόμενον in der Märchenliteratur ist, hat man die Grundlage der Parzivalsage sehen wollen (vgl. V. Junk in WSB 168 4, der auch S. 19 ff. eine Übersetzung des Märchens gibt, die hier mehrfach herangezogen wurde). Eher hat man darin einen Nachklang von einem Prosaroman des Gralkreises zu erblicken.

36. Quelle: F.M. Luzel in Mélusine III 529 aus Kerandy-Ploumilliau (Dep. Côtes du Nord). Das Märchen von den erprobten Ratschlägen, hier zu einer Dorfnovelle ausgebaut, erscheint zuerst im lateinischen Roman von Ruodlieb, der im 11. Jahrhundert in Tegernsee entstand (der zweite Rat kehrt hier wörtlich wieder, der dritte, vierte, fünfte und siebente dem Sinne nach). Eine Anspielung auf das Märchen enthält der Parzival in den Lehren des Gurnemanz. Zu weiteren Parallelen vgl. R. Köhler in ZVfVkk VI zu Gonzenbach 81 – Aarne 910.

37. Quelle: F.M. Luzel: Contes III 351, »Le voleur avisé« aus Morlaix. Das Märchen vom Schatz des Rhampsinit, das zuerst bei Herodot (II 121) vorkommt, ist vermutlich ägyptischen Ursprungs. Es gehört zum Meisterdiebkreis (s.o. I 1, 24 b, KHM 192, Bolte-Polivka III 379, Aarne 1525). Wie der Meisterdieb die Wächter in Mönchsgewänder hüllt, so schert ihnen Morolf in der mhd. Salomosage eine Platte. Die List des Helden, das am Hause angebrachte Zeichen zu vervielfältigen, begegnet auch in Märchen des Aladdinkreises (KHM 116), vgl. G. Paris in Révue de l'histoire des rêligions LV 151, 667.[335]

38. Quelle: P.M. Lavenot in Rev. des trad. pop. VI 409 »Le diable et St.-Cado« aus dem Pays de Vannes. Die Sagen, welche hier auf den kambrischen Königssohn, Missionar und Märtyrer des 6. Jahrhunderts übertragen sind, gehören in den Kreis vom geprellten Teufel (s. auch oben Nr. I 22 c, II 3, 31 Anm.). Die im übrigen ähnliche Legende vom heiligen Guénolé enthält noch die Geschichte von der Ernteteilung, die ich hier nachtrage (nach Sauvé in Rdtp VI 546): Einst kam St. Guénolé gerade von seinem frisch geackerten Feld, als er seinen Namen rufen hörte. Es war die Stimme des Teufels. »Was willst du schon wieder?« sagte er, ohne sich umzuwenden. »Mit deiner Erlaubnis, ich möchte dir einen Vorschlag machen.« »Welcher Art?« »Du weißt, daß ich stark und kräftig bin, versprich mir die Hälfte vom Ertrage deines Feldes, und wenn es so weit ist, nehme ich die Erntearbeit auf mich. Du brauchst mir nur bei der Arbeit zuzusehen. Das Nichtstun langweilt mich, und diese Arbeit wird mich zerstreuen.« »Man kann sich darüber verständigen,« sagte der Heilige, »aber machen wir unsere Bedingungen regelrecht aus: wenn du mir die Kraft deiner Arme leihst, welchen Teil behältst du dir vor?« »Wieso, welchen Teil?« »Ja, den über oder unter der Erde?« »Alles, was auf dem Acker aus dem Boden heraustreibt, soll mir gehören, was nach unten wächst, dir.« »Abgemacht!« Sobald der Teufel die Absätze gewendet hatte, säte St. Guénolé Rüben auf seinen Acker. Man ahnt, was geschah, als die Zeit zur Ernte gekommen war: der Teufel wurde rot vor Wut, als er sah, welch schöne Vorräte an Rüben der Heilige für den Winter haben würde, während er sich selber mit den Blättern und mit dem Unkraut begnügen mußte. »Du hast mich getäuscht,« sagte er, »aber nächstes Jahr werde ich an der Reihe sein, den Ertrag unter der Erde zu bekommen.« »Das ist nicht mehr wie billig«, sagte der Heilige. Diesmal wurde der Acker mit Getreide bestellt. Alles ging gut bis in den August. »Nochmals bestohlen!« schrie der Teufel, als er nach Beendigung der Ernte sah, daß sein Anteil nur aus elenden Wurzeln bestand. »Du hast, Guénolé, meine Geduld zum Überlaufen gebracht, ich will meinen Namen verlieren, wenn ich dir nicht die Haut vom Leib reiße. Sofort werden wir uns schlagen!«

1. Zum Brückenbau des Teufels vgl. Sébillot: Folklore II 71, IV 98 Rdtp IX 690, XVI 555, XX 388, XXII 373, Sébillot: Auvergne S. 144, Bosquet S. 488, deutsch u.a. DS 185. 2. Der Zweikampf des Heiligen mit dem Teufel ist ebenso wie 3. der Eispalast typisch bretonisch, vgl. Aarne 1083, 1097 (ebd. 43 als Tiermärchen), Sébillot: Trad. I 181, 326, Orain S. 223, Laisnel I 128. 4. Die Ernteteilung erscheint in Frankreich in Verbindung mit der Kratzwette zuerst bei Rabelais IV 45. Zu den modernen Fassungen vgl. Bolte-Polivka III 355 zu KHM 189, ZVfVkk VIII 21, Aarne 1030. Als Gegenspieler des Teufels treten St. Crispin (Carnoy: Pic. S. 62), St. Michael (Rdtp XII 364) und St. Martin (Sauvé 289, Fleury 113) auf, in Deutschland, wo der Schwank weit seltener ist, ist stets ein Bauer der Gegenspieler. Auf Tiere übertragen: Rolland: Faune pop. I 150, Rdtp IX 350. Der Teufel tritt in den meisten Fassungen dieses Sagenkreises (vgl. Wünsche: Der Sagenkreis vom geprellten Teufel, Leipzig[336] 1905) an Stelle des germanischen dummen Riesen, so besonders in den Sagen, in welchen es sich um Bauten, dann aber auch um besondere Kraftleistungen handelt. Vgl. den Riesenbaumeister der Edda, die brückenbauenden Riesen DS 19, die kananäischen Riesen im Herzog Ernst, die im Wald ihre Stahlstangen nicht gebrauchen können wie der Teufel seine Gabel nicht im Backofen.

39. a) Quelle: F.M. Luzel: Contes populaires III 439: »Guyon l'avisé«. Übersetzt von Blümml Nr. 53. Der Herausgeber erinnert daran, daß sich das älteste Beispiel für den Namenschwank in der Odyssee findet. In der Volkssage begegnet der Witz von »Selbergetan« häufig bei der Prellung von Waldgeistern und Fenggen. (Vgl. z.B. Vonbun 9, Graber 37, Zingerle 147, ZfdMy II 58). Moderne Parallelen zum Schwank: Carnoy: Pic. 163, Sébillot: Contes I 32. Aarne 1136. Zu dem im Anfang angeschlagenen Thema von der Zornwette s. unten Nr. 59. Ähnlich ist ein verbreitetes Rätsel, dessen Pointe darin besteht, daß einer der Beteiligten »Jeder« heißt (vgl. Rdtp I 336) Vgl. noch Toldo in ZVfVkk XV 70.

b) Quelle: P. Sébillot in Rev. des trad. pop. XI 451, »Les trois bossus« aus Trébry. In diesem Schwank lebt das Fabliau von den »Trois bossus ménestrels« fort, das wahrscheinlich auf orientalische Quelle zurückgeht. Vgl. Bédier S. 201 ff. zu Montaiglon-Raynouard I 2, Piller: Das Fabliau von den Trois bossus ménestrels und verwandte Erzählungen, Halle 1901. (Weitere neufranzösische Parallelen: Rdtp XXI 459, Pineau 209, Romania XIII 428.) Nahe verwandt ist das Fabliau vom »Prestre qu'on porte« oder von der »Longue nuit« (vgl. Bédier S. 245, Keller: Altfranzösische Sagen), welches aus den »7 sapientes« stammt. Auch dieser Stoff lebt im modernen Schwank fort. Vgl. Cosquins Anmerkungen zu Nr. 80, Aarne 1537. (Bei Luzel III 426 mit dem Unibosstoff verbunden, ebenso mehrfach deutsch.) Ich lasse die bretonische Fassung dieses Schwankes nach Rev. des trad. pop. XI 361 folgen: Der Vater Bernhard war ein Biedermann, welcher sein Brot durch Betteln erwarb. Einst kam er in einen Bauernhof und bat um ein Nachtlager; da in den Betten kein Platz war und es außerdem kalt war, hieß man ihn im Backofen übernachten. Er kroch hinein und schlief ein. Am andern Morgen füllte der Bauer, der nicht wußte, daß der Vater Bernhard da war, den Backofen mit Reisig und legte Feuer an, dann ging er heim und sagte, der Backofen sei warm. »Ach, du Unseliger,« sagte seine Frau, »du hast Feuer im Backofen angemacht? Du weißt also nicht, daß der Vater Bernhard darin liegt?« »Nein,« sagte er, »davon hattet Ihr mich nicht benachrichtigt!« »Jesus!« sagte die Bäuerin, »da haben wir uns hübsch in die Tinte gesetzt! Was sollen wir mit Vater Bernhard anfangen? Wir müssen den Meßner, welcher ein Spitzbube ist, fragen, ob er uns aus der Verlegenheit helfen will.« Als der Meßner den Fall erfahren hatte, sagte er: »Ich will euch gern helfen, aber es wird nicht leicht sein, euch von dem guten Mann zu befreien.« »Wieviel verlangt Ihr für Eure Mühe?« »Zweihundert Franken!« »Zweihundert Franken, gut!« Nachts nahm er die Leiche des Vaters Bernhard auf seinen Rücken, trug sie vor die Türe des Pfarrhauses und stützte sie dagegen. Dann ging er auf den Kirchturm, ließ[337] die Glocken zwei- bis dreimal anschlagen und ging dann wieder heim. – Als der Pfarrer den Ton der Glocke hörte, stand er eilends auf, denn er dachte, irgend etwas müsse passiert sein. Im Augenblick, da er die Türe öffnete, fiel ihm der Vater Bernhard entgegen, und als er ihn aufheben wollte, merkte er, daß er tot sei. Er lief, seine Köchin zu wecken und sagte zu ihr: »Da haben wir eine schöne Geschichte: der Vater Bernhard ist heute nacht vor unserer Türe gestorben; wenn man es erfährt, wird man nicht ermangeln zu sagen, wir hätten ihn vor dem Pfarrhaus Hungers sterben lassen. Was sollen wir mit der Leiche anfangen? Wir müssen den Meßner suchen, der uns ohne Zweifel davon retten wird, denn er ist ein großer Spitzbube.« Der Meßner kam und man erzählte ihm die Angelegenheit, die er mit sorgenvoller Miene vernahm. »Ach,« sagte er, »ich weiß nicht, was da zu tun ist, das ist ein sehr schwieriger Fall!« »Um jeden Preis«, sagte der Pfarrer, »mußt du uns aus dieser Klemme heraushelfen!« »Wenn Ihr mir vierhundert Franken geben wollt, so werde ich alles auf mich nehmen.« Die Summe wurde ihm ausgezahlt und in der nächsten Nacht lud er den Vater Bernhard auf seine Schultern und pflanzte ihn vor die Klostertür. Am Morgen öffnete die Oberin die Tür und der Vater Bernhard fiel ihr in die Arme. »Ach!« rief sie, »da sind wir schön eingegangen! Wenn man erfährt, daß der Vater Bernhard an der Pforte des Klosters gestorben ist, wird jedermann sagen, wir hätten ihm den Beistand verweigert. Man muß den Meßner suchen, nur er kann uns helfen, dem ärgerlichen Gerede zu entgehen.« Der Meßner kam, und als man ihm die Geschichte erzählt hatte, kratzte er sich hinter den Ohren und sprach: »Aber, Frau Oberin, wenn ich Euch helfe, komme ich selber in eine übele Lage!« »Bittet mich, um was Ihr wollt, Ihr sollt es haben!« »Wenn Ihr mir ein einäugiges Pferd verschaffen könnt und mir achthundert Franken gebt, so werde ich Mittel und Wege finden, den Vater Bernhard verschwinden zu lassen, ohne daß jemand etwas merkt.« »Da sind achthundert Franken,« sagte die Oberin, »doch das einäugige Pferd müßt Ihr Euch selber besorgen.« Der Meßner nahm einen alten blinden Gaul, setzte ihm den Leichnam des Vater Bernhard auf den Rücken und führte ihn bei Tagesanbruch an eine Straßenecke, wo Kaufleute auf dem Boden Töpferwaren und Geschirr ausgebreitet hatten; dann gab er ihm einen Peitschenhieb, und das Pferd begann zu laufen, zerbrach die Töpfe und Näpfe und richtete gewaltigen Schaden an. Bei diesem Anblick liefen die Kaufleute zornig hinter dem Vater Bernhard her und schlugen ihn aus Leibeskräften mit ihren Stöcken; dann aber, als sie sahen, daß er sich nicht mehr rührte, glaubten sie ihn getötet zu haben. Sie machten sich nach allen Richtungen aus dem Staube und ich weiß nicht, was aus ihnen geworden ist.

c) Quelle: L. Guillaume in Rev. des trad. pop. XVII 54, »Les femmes ont la tête du diable« aus Morbihan. Vgl. Bolte in ZVfVkk XI 252.

40. a) Quelle: F.M. Luzel: Légendes chrétiennes de la Basse-Bretagne. Paris 1881 I 211, »Le brigand et son filleul«. Die Legende behandelt den Stoff des altfrz. Conte dévot »Du chevalier au barisel«. Vgl. Toldo in ZVfVkk XVI 29 und die Anm. W. Hertz's zu seiner Übersetzung im »Spielmannsbuch«.

[338] b) Quelle: ebd. II 207 »La femme qui ne voulait pas avoir d'enfants« aus Pluzunet (Côtes du Nord). Der Stoff ist der von Lenaus »Anna«, vgl. ZVfVkk X 436, XIV 114, XVI 311 (Bolte).

c) Quelle: ebd. II 36 »La fille de mauvaise réputation qui alla au paradis« aus Louargat (Côtes du Nord).

d) Quelle: Sébillot: Litt. orale S. 192, »La messe du fantome« aus Plévenon. Der Stoff ist in Frankreich sehr verbreitet. Vgl. wallon.: Rdtp XIV 99; normann.: Bosquet S. 267, Fleury S. 87, Sauvage S. 109; lothr.: Rdtp XIX 261, Thuriet: Doubs S. 113; bretonisch: Sébillot: Contes I 43, Fouquet S. 106, Luzel: Veillées 4, Rdtp X 577, 584, XIII 179, XIV 500, XX 226, Mélusine III 76, Anjou: Bulletin hist. 1853 S. 189; Vendée: Rdtp XVI 90; Auvergne: Rdtp XIV 98; Gascogne: Rdtp XV 621. Im Deutschen ist die Legende selten, vgl. z.B. Kühnau 195, Baader 148, Meier 311, Wolf DMS 121, 431. Der Stoff verbindet sich oft mit dem verwandten vom Gottesdienst der Toten. Zu diesem vgl. DS 175, Bolte-Polivka III 472.

41. Quelle: L. Pineau: Contes populaires du Poitou, Paris 1891, S. 75, »Le pigeon blanc«. Vgl. KHM 47, Bolte-Polivka I 412, Aarne 720. Die Einleitung stammt aus dem Märchen vom singenden Knochen, mit dem das vom Machandelboom nahe verwandt ist. In den meisten französischen Fassungen muß die Schwester die Leiche des Bruders kochen, und als sie dabei ins Fleisch sticht, fängt die Leiche an zu reden (so Rdtp XVI 393, XXII 28, XXIII 131, 404, III 207, Sébillot: Contes I 160, Sébillot: Orale S. 223). Abweichend von den deutschen Fassungen ist es die heilige Jungfrau oder eine Fee (Rdtp III 207) oder ein Vogel (Bladé I 169), welche den Rat erteilen, die Knochen aufzulesen. Im allgemeinen sind die französischen Fassungen reicher und ausführlicher als die deutschen. Die Ermordung durch den Kistendeckel, die in der Wielandsage und bei Gregor v. Tours wiederkehrt, das Blutige und Grausame und nicht zuletzt das Verbreitungsgebiet scheinen auf fränkischen Ursprung des Märchens hinzuweisen (vgl. v.d. Leyen: Das Märchen2 S. 157). Die Vogelgestalt der Seele ist dagegen kein völkisch gebundenes Motiv (vgl. Weicker: Der Seelenvogel 1902, Sartori ZVfVkk XV 1) und die Bestrafung der Schuldigen durch den Geschädigten selbst dürfte auf antike Einflüsse zurückgehen, die ja im Gallien der Völkerwanderungszeit nicht seltsam wären (vgl. Maaß: Orpheus, München 1895, S. 266, Dieterich: Nekyja, Leipzig 1893, S. 68).

42. Quelle: L. Pineau ebd. S. 59. Es ist charakteristisch für das französische Märchen, daß es an das ernsthafte orientalische Zaubermärchen von den beiden Wanderern (KHM 107, vgl. Bolte- Polivka II 468, Aarne 613) einen Schwank derbster Art anhängt (Aarne 559, Bolte-Polivka II 454 zu KHM 104 a). Das Märchenechte wäre, daß der Gegenspieler die Belauschung der Dämonen nachmachen will und von diesen, die ihr Geheimnis verraten sehen, zerrissen wird. So ist auch der Verlauf der Handlung in den übrigen neufranzösischen Fassungen, von denen die meisten (Rdtp XI 361, XII 540, Cosquin 7) die wilden Tiere an Stelle der Dämonen aufweisen. Im Baskischen (Vinson S. 17) sind es tanzende Hexen, die das Heilmittel verraten, hier entsteht die Krankheit[339] der Königstochter durch eine fortgeworfene Hostie, welche eine Kröte verschlungen hat.

43. Quelle: L. Pineau ebd. S. 265. Zu den Lügenmärchen vgl. KHM 112, Bolte-Polivka II 506, Aarne 1920, Müller-Fraureuth: Die deutschen Lügenmärchen 1881. Die Gruppe, in welcher ein scheinbar Unbeteiligter die Erzählung des Lügners bestätigt, begegnet französisch zuerst im Parangon des Nic. v. Troyes Nr. 14. Bekannter ist jene Gruppe, in welcher eine Königstochter als Preis für die größte Lüge ausgesetzt wird (Aarne 852): diese Gruppe liegt dem modus florum aus dem 10. Jahrhundert zugrunde. (Neufranzösisch: Luzel III 447, Sébillot: Contes II 35, Sébillot: joyeuses hist. S. 176.) Auch der Schwank von der Lügenbrücke ist französisch verbreitet: der Hase, der zuerst so groß wie ein Ochs war, wird, je näher die Brücke kommt, immer kleiner und zuletzt so klein wie eine Fliege (Bladé III 269, Carnoy: Pic. S. 209).

44. a) Quelle: L. Pineau ebd. S. 269 (vgl. noch Rdtp III 543).

b) Quelle: L. Pineau ebd. S. 247. Die älteste französische Fassung des Schwankes findet sich im Parangon des Nic. v. Troyes Nr. 13 (vgl. noch Rdtp XII 402, Ortoli S. 258), Aarne 940, Clouston II 20 und Landau S. 332 zu Boccaccio IX 1.

45. Quelle: F. Vincent in Revue des langues romanes XV 1879 S. 105, »Le pétit tro de Jau« aus Sardent. Das Märchen wird zuerst 1759 und 1778 in Frankreich erwähnt, heute ist es dort außerordentlich verbreitet. Vgl. Bolte-Polivka I 258. Cosquin (Rdtp XXV 82) erblickt die älteste Form in einem berberischen Märchen (Basset I 42) und sucht den Ursprung der Gruppe in Arabien. Er hält das Märchen für eine Theriomorphisierung einer ursprünglichen Erzählung vom »moitié d'homme«. Das Märchen gehört zum Kreis von den Tieren auf der Wanderschaft. Zu diesem vgl. Aarne in Folkl. fellows comm. Nr. 11. Zu der Schlußformel: kakalaka, moun conte ei chaba vgl. Petsch S. 57 ähnlich Bretonisch: n, i, ni, mon petit conte est fini (Rdtp XVI 131, Sébillot: Contes II 213) und oben Nr. 21. Fuchs, Wolf, Bach und Bienen sind meist die Reisebegleiter, in Mélusine I 180 kommt eine Leiter hinzu, die Halbhähnchen aus dem Brunnen rettet, Rdtp III 388 zwei Diebe, die Pferde stehlen müssen, welche Halbhähnchen zertreten sollten; Rdtp IV 423 das Feuer, das die Scheune anzündet, Rdtp XXII 433 eine Ratte (Koffer durchgenagt) und die Sonne (Garten ausgedörrt). Aarne 715.

46. Quelle: J. Plantadis in Rdtp XII 538 »Le roi de France«. Zum Drosselbartmärchen vgl. Bolte-Polivka I 443 zu KHM 52, Aarne 900. Das Märchen ist germanischen Ursprungs. In allen außerbreton. frz. Fassungen (Cosquin 44, Dardy II 67) handelt es sich um englische und französische Königskinder, eine Lokalisierung, die schon in einem um 1300 in Frankreich entstandenen lateinischen Gedicht, das in der isld. Clarussaga erhalten ist, vorliegt: hier wird von einer fränkischen Königstochter und einem sächsischen Kaisersohn erzählt. Zum Schluß vgl. Petsch S. 52.

47. Quelle: Sébillot: Literature orale de l'Auvergne, Paris 1898, S. 3, »Les âmes en peine« = Revue des trad. pop. III 581 aus Dep. Cantal.[340] Das Märchen, das in einer bretonischen Fassung bei Souvestre II 42 wiederkehrt, gehört in den Kreis der törichten Wünsche. Wichtiger als das Märchen selbst ist die Umrahmung: die Episoden der tanzenden Seelen, deren Lied vollendet werden muß, sind eine Christianisierung eines der verbreitetsten keltischen Märchen: dem von den Zwergen und den Buckligen. Ich lasse eine bretonische Variante dieses Märchens folgen (Sébillot: Contes populaires de la Haute-Bretagne II 308 Nr. 60, »Le schats-sorciers et les bossus«). Es gab ehemals in Plévenon Katzenzauberer, welche sich jeden Abend beim Kreuz von Chateau-Serin oder von Gonéhas am Rande der Heide von Fréhel trafen. Sie umtanzten die Kreuze und wiederholten dabei beständig die zwei Worte: »Montag, Dienstag, Montag, Dienstag.« Ein Buckliger ging eines Abends bei ihnen vorüber, hörte ihren Gesang und wollte ihn ein wenig verlängern; er rief: »Montag, Dienstag, Mittwoch.« Und die Katzenzauberer begannen höchst vergnügt zu wiederholen: »Montag, Dienstag, Mittwoch.« Nachdem sie einige Zeit getanzt hatten, befragten sie einander, wer ihren Rundreim so bereichert habe. »Ich bin es«, sagte der Bucklige, indem er den Graben verließ, in welchem er sich verborgen hatte. »Ah!« sagten die Katzenzauberer, »was sollen wir mit diesem Manne anfangen, um ihm den Dienst zu vergelten, den er uns soeben erwiesen hat?« »Wir müssen«, erwiderten mehrere Stimmen, »ihm seinen Buckel wegnehmen!« Die Katzenzauberer klatschten diesem Vorschlag Beifall. In einem Augenblicke war dies geschehen und der Bucklige kehrte ohne Buckel heim und ebenso gerade, als habe er ein Bajonett verschluckt. – Ein anderer Mann aus Plévenon, der gleichfalls auf dem Rücken einen großen Buckel hatte, über den er sehr betrübt war, hatte von dem Dienst reden hören, den die Zauberer in Katzengestalt dem oben erwähnten Buckligen erwiesen hatten. Er suchte ihn auf und fragte ihn, auf welche Weise er so gerade wie ein Schiffsmast geworden sei. Der andere gab ihm gerne an, wie sich die Sache zugetragen habe, und der Bucklige begab sich zum Kreuz. Kaum war er eine Stunde dort, als er die Katzenzauberer erblickte, die in zwei Reihen marschierten und immer die gleichen Worte wiederholten: »Montag, Dienstag, Mittwoch; Montag, Dienstag, Mittwoch.« In dem Augenblick, da sie bei ihm vorübergingen, rief er: »Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag«, so wie man ihm geraten hatte zu sagen. Die Katzenzauberer wiederholten diese Worte, aber da sie merkten, daß sich der neue Rundreim nicht mit dem alten vertrug, sprangen sie auf den Buckligen los, und um sich zu rächen, setzten sie ihm den Buckel, den sie seinem Nachbarn weggenommen hatten, auf die Brust. Und der Unglückliche kehrte heim wie Polinchinelle: vorne und hinten mit einem Buckel. – Zu diesem Märchen, das sich in Frankreich und Italien häufig und frühzeitig, in germanischen Ländern dagegen nur spärlich und verwischt findet, vgl. KHM 182, Bolte-Polivka III 324, Bolte in Herrigs Archiv 99, 100. Die tanzenden Elben sind Zauberer in Katzengestalt: Rdtp X 575, XI 234; Hexen: Rdtp IX 285, Vinson 14, Zwerge: Rdtp XI 326 Luzel II 251, Mélusine I 239, Kobolde: Rdtp XVII 343, Carnoy: Pic. S. 18, Korrigans: Rdtp XXII 79 Souvestre II 13, Melusine I 113, Sébillot: Folklore IV 31; Feen: Mélusine I 113, 240; Sébillot: Folklore[341] II 100, Rdtp XX 389, Skelette: Rdtp VIII 549, V 690. Zum Aberglauben von den Sternschnuppen als Seelen der Toten, die ins Jenseits gehen, vgl. noch: Rdtp III 581, XI 578, XVI 565, XVII 138, 340, XXI 180, XXIII 273, XXVI 161, Sauvé S. 196, Sébillot: Traditions S. 352, Mélusine I 456.

48. Quelle: Rev. des langues romanes XXXI, 1887, S. 588. L. Lambert aus Montpellier. Dieses Tiermärchen, das eine Variante des bekannteren vom Wolf und den sieben Geislein darstellt, in besonders im Romanischen verbreitet. Vgl. Bolte-Polivka I 40, Cosquin 76 mit Anmerkungen. Die Tiere sind: Schweine (Cosquin 76, Rdtp XXIII 290), Schwein und zwei Hühner (Rdtp XI 521), Gans, Hahn, Schwein (Pineau 177), Ziegen (Carnoy: Contes franç S. 9), Gänse (Bladé III 174, 183, Sébillot: Contes II 63). Dem Einbruch des Wolfes gehen meist zwei Listen desselben voran: die Einladung zum gemeinsamen Sammeln von Früchten und zum gemeinsamen Besuch des Jahrmarkts. Als der Wolf in die Hütte des dritten Tieres eindringt, fällt er durch den Kamin in die kochende Suppe. Zum Schluß s. oben Nr. 5 b.

49. Quelle: L. Lambert ebd. XXXII, 1888, S. 24 aus Belesta (Dep. Ariège), »Le rei dei peiches«. Vgl. KHM 60, Bolte-Polivka I 528, Aarne 303 und besonders S. Hartland: The legend of Perseus in the Grimms Library II, III, V, London 1894–96. Der hier nur angedeutete Zug vom Haar, das zur Eisenkette wird, erscheint reiner in bretonischen (Sébillot: Contes I 18, Rdtp IX 174, XXII 80) und normannischen Fassungen (Carnoy: Contes franç. S. 135). Er ist wahrscheinlich keltischen Ursprungs und kehrt in der nordischen Mythologie bei der Fesselung des Feuriswolfes wieder. Zum Brüdermärchen s. noch oben Nr. 9. Zum Verschluß: E tric e tric, moun counte es finit / e tric e trac, moun counte es acabat, vgl. Petsch S. 58.

50. Quelle: L. Lambert ebd. XXVIII, 1884, S. 124 aus S. Laurent (Dep. Aveyron), »Lou Louporoù«. Das Märchen gehört in den Kreis von Hänsel und Gretel (KHM 15, Bolte-Polivka I 115, Aarne 327, s. oben Nr. I 28). In das Märchen ist die aus der Odyssee bekannte Polyphemgeschichte eingeschoben. Zu dieser vgl. Bolte-Polivka III 369 zu 191 a, Aarne 1137 und besonders O. Hackmann: Die Polyphemsage, Helsingfors 1904. Zur »Feinte maladresse« am Schluß vgl. Cosquin in Rev. des trad. pop. XXV 1.

51. Quelle: E. Rolland in Mélusine III 271 = Armana provençau 1883 S. 50 aus der Provence. Die Fassung geht (ebenso wie die in Mélusine III 352, 397, 428, VI 237, IX 90) im Zug vom gegessenen Fleisch und getrunkenen Blut über die Perraults hinaus. Der Zug erscheint in seinem Kannibalismus sehr altertümlich, und man hat wohl mit Recht die älteste Anspielung auf das Rotkäppchenmärchen in der »Fecunda rates« des Egbert von Lüttich aus dem Jahre 1023 zu finden geglaubt. Vgl. Bolte-Polivka I 234 zu KHM 26.

52. Quelle: Bladé: Contes populaires de la Gascogne, Paris 1886, I 126, »Pieds-d'or« aus St. Martin de Goeyne (Dep. Gers). Die Vorgänge des Märchens spiegeln deutlich die germanische Wielandsage wieder, die durch Erinnerungen an Tierbrautmärchen und um Züge aus der Siegfriedsage bereichert wurde. Aus letzterer stammt der Dienst bei[342] einem dämonischen Schmied, der dem Held Kraftproben auferlegt; der Schmied in Ottergestalt ist ein deutlicher Reflex von Hreidmars Sohn, den Loki in Ottergestalt tötet und dessen Haut die Götter mit Gold bedecken müssen. In die Episode vom Geschmeide, das der Held für seine Liebste schmiedet, mischen sich volksliedartig sentimentale Züge mit dem Motiv vom Lebenszeichen aus dem Brüdermärchen (s. oben Nr. 49). Die Schlangenkönigin entnimmt ihr aufdringliches Liebeswerben den Erlösungssagen, in welchen eine Schlangenjungfrau den Helden um drei Küsse oder um eine dreimalige Mutprobe bittet (vgl. Grimm DS 13). Der Ersatz der abgehauenen Füße durch goldene könnte aus gewissen Versionen des »Mädchens ohne Hände« (s. oben Nr. 6) stammen. Was nach Abzug dieser fremden Bestandteile übrigbleibt, ist ein Nachklang der Wielandsage, wie sie in der Fassung der Thidrekssaga vorliegt, mit welcher das Märchen einen Zug teilt, der über die von der Edda und den altenglischen Denkmälern repräsentierte ältere Version hinausgeht: nämlich die Amiliasepisode in der Szene zwischen dem Lehrling und dem neidischen Meister im Schlosse von Lagarde. Eine Zwischenstufe zwischen der nordischen Saga und dem gascognischen Märchen liegt in einer keltischen Sage vor, welche uns die »Annalen der vier Meister« überliefern (vgl. Arbois de Jubainville: Cycle épique S. 212). Deutlich ist in dieser irischen Sage die Schändung der Jungfrau und die Flucht durch die Luft nach vollbrachter Tat beibehalten; zum gascognischen Märchen stimmt sie noch dadurch, daß sie den Aufenthalt der Jungfrau in einen Turm verlegt. Für die irische Version und damit für unser Märchen dürften noch Einflüsse einer Werbungssage nach Art der von Odin und Rinda anzunehmen sein.

53. Quelle: Bladé ebd. II 46 aus Lectoure (Gers), »l'homme de toutes couleurs«. In den Rahmen des Märchens, eine Variante des Bärensohnstoffes (s. oben Nr. I 2) sind eine Anzahl Züge aus anderen Typen eingeschaltet: am deutlichsten die Goldenerepisode vom dreitägigen Turnier (s. oben Nr. I 5). Das Totenreich ist hier vierfach geschützt: durch das Land des Hungers und Durstes, das Gebirge, den Strom und das Erdloch. Die allegorische Szene auf dem Gebirge erinnert an bretonische Märchen (s. oben Nr. 32). Vor allem wird uns das Märchen dadurch wichtig, daß es, aus weiter Ferne hergetragen, die bekannten Klänge der Sieg friedssage widertönt. Der Kampf mit dem Drachen und die Hortgewinnung, der Genuß des Drachenfleisches und das Bad in seinem Blut, vielleicht auch der Zwerg Eugel und die Erlösung der Kriemhild vom Drachenstein: alles das kehrt verschwommen und in nebelhaften Umrissen in diesem Märchen wieder, welches die Erzählung nordgermanischer oder normannischer Schiffer widerspiegeln dürfte.

54. Quelle: Bladé ebd. I 57 »La reine châtiée« aus St. Eulalie (Lot et Garonne). Ebenso wie die beiden vorigen scheint dieses Märchen aus germanischer Sage geflossen zu sein: der Giftmord und die Vaterrache erinnern lebhaft an die Hamletsage, doch wurde die Geistererscheinung erst von Shakespeare, der hier Kyd und weiterhin Seneca folgte, in die Sage eingefügt.

55. Quelle: Bladé a.a.O. I 3 »Le jeune homme et la grand' bête à tete d'homme« aus Fleurance (Gers). Das Märchen spiegelt das antike von[343] der Sphinx wider. Ob dabei schon massiliotische Einflüsse vorliegen, muß eine offene Frage bleiben. Zu den Tauen aus Sand vgl. Aarne 1174, ZVfVkk XVII 172 (Zachariae).

56. Quelle: Bladé ebd. II 152 »Le voyage de Nôtre- Seigneur« aus N.D. de Bonencontre (Lot et Garonne). Die erste Episode wird von H. Gaidoz (Mélusine V) auf eine bei Aelian überlieferte griechische Erzählung zurückgeführt. Sie verband sich in Nordfrankreich mit der Eligiuslegende und mit fränkischen Schmiedemythen. Jedenfalls bezeugt sie für Frankreich die Existenz von Schmiedesagen, die als Vorstufe zur Wielandsage gedient haben könnten. Vgl. Aarne 753 und Bolte-Polivka III 193 zu KHM 147. – Verbreiteter ist die zweite Episode: vgl. Bolte-Polivka III 308 zu KHM 180. – Die Eselverwandlung erinnert an die Metamorphosen des Apulejus und an den Sommernachtstraum. Bei Sébillot HB II 68 wird der böse Gutsherr, der die sieben Geislein fressen will, von einer Fee in einen Esel verwandelt. Ins Komische gewendet ist eine Variante des Meisterdiebs, in welcher der Gauner sich an Stelle des gestohlenen Esels einhalftert und sich für einen entwandelten Esel ausgibt (Rdtp XI 633). Eine bretonische Parallele zur dritten Episode bei Orain S. 86, zur ersten Luzel: Lég. chrét. I 93. – Der wachsende Teig: Aarne 751.

57. a) Quelle: Bladé ebd. III 52 »Le marchand de peignes de bois« aus Panassac (Gers), übersetzt bei Blümml Nr. 36; vgl. KHM 8, Bolte-Polivka I 68 KHM 114, Bolte-Polivka II 528, Aarne 151, 38.

b) Quelle: Bladé ebd. III 130 »Les gens de Ste.- Dode« aus Pergain-Taillac (Gers) = Blümml 28, zum Pferdeei vgl. Bolte-Polivka I 317 zu KHM 32 – zur Nadelsaat: Aarne 1200, Mélusine III 67 (Salzsaat), Carnoy: Pic. 185 (Heringssaat) – Esel auf die Kirche gezogen: Aarne 1210, Sauvé S. 251, Carnoy: Pic. 185 – Kirche verschoben: Rdtp V 173, XII 490, Sauvé 251, Rdtp XXII 88, Mélusine II 358, 427, s. oben Nr. 30 d – zu den verwechselten Beinen vgl. Bolte-Polivka III 190 zu KHM 143, Aarne 1288, Mélusine II 427, III 67. Entfernt verwandt ist Desperiers Nr. 2. Die Streiche gehören sämtlich in den Kreis der Schildbürgergeschichten. Das berühmteste französische Schilda ist St.-Jacut in der Haute-Bretagne.

c) Quelle: Bladé ebd. III 287 »La dame corrigée« ebendaher. Der Schwank von der gezähmten Widerspenstigen geht auf das Fabliau von der male dame zurück, vgl. Bédier S. 420, Aarne 901.

d) Quelle: Bladé ebd. III 339 »Le diable au cimetière« ebendaher. Dieser Schwank, welcher zuerst im Fabliau Estula (Montaiglon-Rayn. IV 96) begegnet, gehört in den Meisterdiebkreis (s. oben Nr. I 1), vgl. Bolte-Polivka III 379 zu KHM 192, Oesterley zu Pauli 82, Chauvin VIII 107, Aarne 1791.

58. Quelle: G. Sébillot in Rev. des trad. pop. XVII 616, »Les sept frères et leur soeur« aus Escounets de Lannemezan (Bigorre). Das Märchen gehört zum Kreis der Schwankinder (s. oben Nr. I 8, II 54). Vgl. Bolte-Polivka I 73 zu KHM 9, wo die pyrrhenäische Fassung sowie die bretonische bei Orain S. 112 nachzutragen ist. Aarne 451.

59. Quelle: J. Vinson: Le folklore du pays basque, Paris 1883, S. 46 aus St. Jean du Luz (Hautes- Pyrrh.), übersetzt bei Blümml Nr. 6. Das[344] Märchen verbindet den Typus Zornwette mit dem vom Schneider und Riesen. Zu ersterem vgl. Bolte-Polivka II 285 zu KHM 90, Aarne 1000, 1029 – zum letzteren Bolte-Polivka I 148 zu KHM 20, ebd. III 333 zu KHM 183, Aarne 1062, 1063, 1004, 1115, 1036, 1049, 1088. Ähnlich verbinden Sébillot: Auvergne S. 57, Cosquin 36, Orain S. 39 (wo der Riese Gargantua heißt) beide Typen. Das Märchen vom geprellten Riesen ist zweifellos germanischen Ursprungs. Zum Motiv »Alle beide«: Arne 1563.

Quelle:
FR-Märchen Bd.2, S. CCCXXII322-CCCXLV345.
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