[175] 28. Die Geistermesse in St. Stefano

Eine alte Frau hatte sich in der Zeit geirrt und kam um Mitternacht zur Messe in die Kirche St. Stefano. Sie wunderte sich, daß keine Bekannten da waren. Endlich bemerkte sie eine Gevatterin, die vor vielen Jahren verstorben war. »Wie kommt es, daß du hier bist?« fragte sie erstaunt. – »Ich bin, wie die anderen, dazu[175] verdammt, die Nachtmesse zu hören, weil ich die Tagmessen im Leben zu sehr vernachlässigt habe. Jetzt aber mach, daß du fortkommst, sonst mußt du sterben!« Die Alte wollte davoneilen, blieb aber mit dem Kleide an der Kirchentür hängen, die sogleich zuschlug. Nach drei Tagen war die Frau tot.

Quelle:
Zschalig, Heinrich: Die Märcheninsel. Märchen, Legenden und andere Volksdichtungen von Capri. Dresden: Verlag Deutsche Buchwerkstätten, 1925, S. 175-176.
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