[149] 4. St. Antonio rettet den guten Ruf seines Vaters

Ein reicher Mann war auf der Straße ermordet worden. Der Vater des Heiligen wurde beschuldigt, die Tat verübt zu haben und sollte dafür büßen. – St. Antonio, der schon bei Lebzeiten nicht nur als glaubenseifriger Prediger, sondern auch als wundertätiger Gottesmann verehrt wurde, weilte nichtsahnend in der Kirche, als ein Engel während der Predigt seinem Geiste die Kunde vom Vorgefallenen zutrug.

Da begab sich Antonio zum aufgebahrten Leichnam und rief in feierlichem Tone: »Im Namen des Herrn, richte dich auf und sage mir, wer dich erschlug!«

Sogleich richtete der Tote den Oberkörper in die Höhe und sprach laut und vernehmlich: »Ich kann nicht sagen, wer es getan hat, dein Vater aber ist unschuldig!« Dann sank der Ermordete wieder auf sein Lager zurück und regte sich nicht mehr. –[149]

Der Vater des Heiligen sah jedoch seinen guten Ruf durch dieses Wunder unerwartet wieder hergestellt. Und die Verleumder mußten froh sein, daß sie dank der Huld des frommen Mannes ungestraft blieben. –

Quelle:
Zschalig, Heinrich: Die Märcheninsel. Märchen, Legenden und andere Volksdichtungen von Capri. Dresden: Verlag Deutsche Buchwerkstätten, 1925, S. 149-150.
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