[464] 980. Zauberei in Diekirch.

Zur Zeit lebten überall Hexen und Zauberer, welche den Menschen Böses taten. Oft wenn man in den Stall kam, waren die Kühe verhext; sie gaben keine Milch mehr, oder die Milch wurde zu Wasser, oder die Kühe fraßen nicht mehr. Man zog nun hin, oft stundenweit, zu einem Mann – gewöhnlich war es ein Einsiedler – und klagte diesem die Not. Er sagte ihnen, es sei der und der Nachbar Schuld daran; dann betete er aus einem Buch und schickte die Leute nach Hause, indem er ihnen befahl, nach einigen Tagen wiederzukommen und unterwegs ja nichts aufzuheben, sonst wäre alles verloren. Oder man befahl ihnen, des Morgens vor Sonnenaufgang an diese oder jene Quelle zu gehen, dort mit dem Eimer zu schöpfen, aber gegen den Lauf des Wassers, und dabei zu beten; dann dieses Wasser mit einem gewissen Kraute zu kochen und dieses dem Vieh einzuschütten.

Aber nicht allein dem Vieh, sondern auch den Menschen, wurde »es angetan«. Frauen, welche ein Kind an ihrer Brust nährten, wurden verhext, so daß ihre Brust austrocknete und dem Säugling die Milch entzogen wurde.

Der alte Mann aus Diekirch, der dieses erzählte, hat von seinem Vater gehört, wie seine Großmutter in diesem Fall gewesen sei. Eines Morgens, als sie den Säugling nähren wollte, war ihre Brust vertrocknet. Man wußte nicht, was tun. Zufälligerweise ging ein Bruder (oder Pater) an dem Hause vorbei. Man erzählte ihm den Sachverhalt. »Ihr habt einen Feind in der Nachbarschaft, der Euch dieses angetan hat«, sagte der Bruder; »haltet eine[464] Kerze bereit, ich komme nachher zurück, um über die Frau zu beten.« Er kam und befahl, während des Gebetes niemand, wer es auch sei, hereinzulassen; denn wahrscheinlich käme der, welcher den Zauber verübt habe, um sein Gebet zu vereiteln. Wirklich wurde heftig an der Tür gerüttelt, aber man hieß den Einlaß Begehrenden sich zum Henker scheren und nach einigen nutzlosen Versuchen zog er ab. Die Frau wurde gerettet. Der pochende Störenfried draußen aber war niemand anders als der Zauberer selbst gewesen.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 464-465.
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