[129] 305. Der überzählige Schläfer.

[129] In dem Wachthaus des nun abgetragenen Bastions St. Jost zu Luxemburg war es, nach Aussage der Soldaten, nicht recht geheuer. Regelmäßig lag um die Mitternachtsstunde einer mehr auf der Pritsche, ein junger Soldat in blutiger Uniform.

Einst, so erzählt die Sage, kam der Hauptmann, der die Nachtrunde machte, um Mitternacht auf Bastion St. Jost, um den Posten zu untersuchen. Sofort trat die Wache ins Gewehr, nur einer fehlte, der in tiefem Schlafe auf der Pritsche lag. In der ersten Zornesaufwallung riß der Hauptmann den Degen aus der Scheide und durchbohrte den unglücklichen jungen Mann. Aber – o Schrecken und Jammer! – der Vater hatte den eigenen Sohn getötet.

Seit dieser Zeit kehrte der junge Soldat allnächtlich in der Geisterstunde zum Wachthause zurück und mit dem Schlage eins verschwand er lautlos und stumm, wie er gekommen.


Mitteilung von J. Scholler

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 129-130.
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