[350] 763. Die wunderlichen Pflugtreiber zu Säul.

Es mag etwa hundert Jahre her sein, als zwei Brüder aus Säul von Bruch zurückkehrten, wohin sie sich zum Kirchweihfest begeben hatten. Es war gegen die Mitternachtsstunde; sie gingen an einem ihnen zugehörigen, etwa dreihundert Schritt entfernten Stück Ackerland, das sie tags vorher mit ihren Pferden gepflügt hatten, vorüber. Groß war ihr Schrecken, als sie wahrnahmen, wie große, schwarze Gestalten mit heisernen, zischenden Stimmen ihre Pferde mit Namen riefen und den Pflug im Zickzack herumführten. Die Brüder gerieten in tausend Ängste und konnten sich nicht mehr fassen. Sie machten das hl. Kreuzzeichen und beteten laut. Da hörten sie plötzlich ein krachendes Getöse, das Klirren von Werkzeugen, begleitet von lärmendem Getrampel und dumpfen Tönen. Ein langer Lichtstreifen verbreitete sich über die nahe Waldspitze und sie sahen, wie die Spukgestalten, seltsame komische Gebärden ausführend, hier verschwanden. Die Brüder, außer sich vor Angst und Schrecken, rannten sofort nach Hause. Ihre Pferde aber standen ruhig im Stall und wieherten ihren Herren beim Eintritt treuherzig entgegen. Des andern Morgens begaben sich beide Brüder, in Begleitung einiger beherzter Nachbarn, in aller Frühe auf den Acker, wo der Spuk sich gezeigt hatte, und sahen zu ihrem größten Erstaunen, daß einige frische Furchen gezogen worden waren; die Erde war jedoch an einigen Stellen festgetrampelt. Man erblickte nicht allein hie und da Spuren von Pferdehufen, sondern auch solche von Kühen und andern Tieren. Auf dem Pflugbaum lagen abgenagte Knochen, Abfälle von Tierhäuten und Klauen von Vögeln.

Man ist noch jetzt der festen Meinung, der König Belzebub habe mit seinen höllischen Trabanten hier sein Wesen getrieben.


Zollbeamter J. Wolff

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 350.
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