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[93] Dschahan war einmal mit einer Henne in der Hand auf dem Wege zu seinem Herrn, um sie ihm zu schenken; aber etliche Räuber rissen sie ihm aus der Hand und entflohen. Dschahan nahm sich vor, sich zu rächen. Nachdem er den Ort, wo sie wohnten, ausfindig gemacht hatte, ging er, als Mädchen verkleidet, hin, und es gelang ihm, in ihrem Hause als Magd Aufnahme zu finden.

Als nun die Räuber eines Tages ausgegangen waren, stieg er auf das flache Dach, stellte dort eine Strohpuppe auf, die ihm ähnlich war, bestrich die Stufen der Stiege, die zum Dache führte, bis hinunter mit Seife, belud sich mit einer Menge kostbarer Dinge, die die Räuber besaßen, verließ das Haus, schloß die Tür ab und lief heim.

Nachdem die Räuber bei ihrer Rückkehr vergebens gerufen hatten, daß ihnen geöffnet werden solle, traten sie die Tür ein und stürzten blindlings die Stiege hinauf, entschlossen, sich an der frechen Dirne zu rächen, die noch immer auf dem Dache stand, als ob sie sich über sie lustig machen wollte; aber sie glitten allesamt aus und[93] fielen einer auf den andern, und so war die Rache Dschahans erfüllt.

Quelle:
Wesselski, Albert (ed.): Der Hodscha Nasreddin. Bd. 2. Weimar: Alexander Duncker, 1911, S. 93-94.
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