XVII. Der Affe, der ein Mädchen entführte.

[56] Es war einmal ein Mädchen; das schnitt etwas Gras vom Felde. Ein Affe kam vorbei, packte sie und nahm sie mit, und zwar nach dem Meere. Er nahm einen grossen Feigenbaumstamm her und beförderte das Mädchen auf den Stamm, während er auch selbst aufstieg. Dann begann er zu rudern und fuhr so auf dem Baumstamme dahin. Er gelangte nach einem Lande, an dem nicht allzuviel Dampfer vorüberzufahren pflegten, – ein einziger alle vier Jahre! Das Mädchen liess er dort im Walde, während er selber auszuziehen und ihr etwas zu essen zu bringen pflegte, – Hühner, Truthühner, Ziegen; er stahl alles, was er vorfand, und brachte es ihr, damit sie es koche. So lebte sie mit ihm dort zusammen, weinte aber beständig und hatte immer Furcht. Sie hatte drei Kinder von jenem Affen: halb sahen sie wie Affen aus, aber ihr Gesicht war das eines Menschen.

Eines Tages war der Affe fortgegangen, um ihr etwas Essbares zu stehlen, – da sah sie einen Dampfer vorüberfahren. Sie gab ihm ein Zeichen, und der Dampfer fuhr auf sie zu; dann stieg sie rasch an Bord und fuhr mit dem Dampfer ab. Der Affe sah alles[56] von ferne; er rief aus: »Sie hat's nun wirklich fertig bekommen! Da will ich hinlaufen!« Und er begann zu laufen, erreichte sie aber nicht. Da begann er sein Haar auszuraufen und sein Gesicht mit den Händen zu bedecken. Dann nahm er die drei Kinder her und riss sie mitten auseinander und tötete sie so und rächte sich durch ihren Tod.

Quelle:
Stumme, Hans: Maltesische Märchen. Gedichte und Rätsel in deutscher Übersetzung, Leipziger Semitistische Studien, Band 1, Heft 5, Leipzig: J.C. Hinrichsche Buchhandlung, 1904, S. 56-57.
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