[32] 23. Der Schwan des Herrn von Arkel.

Abr. Kemps, Leven der doorluchtige heeren van Arkel ende Jaar-Beschryving der Stad Gorinchem. Gorinchem 1656, S. 5.


Das Geschlecht der Herren von Arkel ist sehr alt und eines der berühmtesten in den Niederlanden. Es leitet seinen Namen von dem deutschen Herkules ab, dessen Tacitus erwähnt, und zählt unter seinen Gliedern manchen durch Geschichte und Sage bedeutenden Namen. Zu diesen gehört unter andern auch Graf Heimon, der Vater der vier allbekannten Ritter Reinold, Ritsard, Veitsard und Adelard, anders auch die vier Heimonskinder genannt.

Der zweite von diesen Helden, Ritsard, hinterließ einen Sohn, Johann, der somit auch Erbe der Herrlichkeiten Pierlepont, Montagu und Valckenstein wurde. Dieser wurde von dem Könige von Frankreich, Dagobert, dem er Hülfe gegen die aufrührerischen Friesen leistete, mit Franchijn und dem Lande ob der Leck belehnt, welches später den Namen: Land von Arkel bekam. Als er jedoch zuerst dahin kam, fand er dasselbe nicht nur mit unwegbaren Wäldern bedeckt, sondern diese auch so voll von wilden Thieren jeder Art, daß er fast allen Muth zum Anbaue desselben verlor. Doch faßte er bald Herz, stellte große Jagden an, ließ das Gebüsch niederhauen,[32] baute Kirchen und Burgen, um welche sich bald gar viele Dörfler schaarten und schuf sich, um mit wenigen Worten alles zu sagen, aus der rauhen Wüste einen lieblichen Garten.

Aber seine Freude daran dauerte nicht lange, denn bald nachher überfielen die Friesen, Dänen und Normannen das Land und verheerten und zerstörten alles, verbrannten die Kirchen und Dörfer und tödteten Herrn Jans Unterthanen. Da dieser sah, daß jeder Widerstand vergeblich sein würde, nahm er von seinen Gütern alles Bewegliche mit sich und zog mit seiner ganzen Familie und Umgebung nach Frankreich und auf sein Schloß Pierlepont.

Hier schenkte ihm seine Gemahlin einen Sohn, den er Heyman nannte, und der gleich ihm in Pierlepont starb, jedoch abermals einen Sohn hinterließ, welcher nach dem Großvater Jan getauft wurde.

Dieser wuchs mit der Zeit zu einem kräftigen und stolzen Manne heran und baute sich in dem Lande von Pierlepont eine starke und feste Burg. Das sah aber Branchion, ein Bruder des Herrn von Baar, nur mit großem Mißvergnügen, er versammelte seine Mannen, bewaffnete sie, erstürmte die noch unbesetzte Burg und verwüstete dieselbe gänzlich. Den Herrn von Arkel kränkte dieß gar sehr, er überfiel Branchion und erschlug ihn.

Da Branchion aber ein Verwandter des Königs war, fürchtete Jan von Arkel Dieses Rache, und zog auf den Rath seiner Freunde mit Elsbeth, seiner Frau, seinen Kindern und vielem Gesinde von Pierlepont weg und nach dem noch stets wüst liegenden Lande von Arkel zu. Auf der Alm schiffte er sich ein, ohne daß er jedoch das Land gekannt hätte, und fuhr, sich der Leitung des Himmels befehlend, auf derselben fort. Doch siehe, da kam mit einem Male ein schöner Schwan geflogen, der[33] immer das Schiff umkreiste, nun vor demselben, dann hinter ihm, nun an dieser, dann an der andern Seite umherschwirrte, als ob er Herrn Jan hätte begrüßen wollen. Als er solches lange getrieben hatte, senkte er sich aufs Wasser nieder und schwamm dem Schiffe vor, so daß Herr von Arkel erstaunt und verwundert, doch voll Vertrauen, daß dieß ein Bote Gottes sei, dem Steuermann gebot, dem Schwan zu folgen, wohin derselbe auch schwimmen möge, und anzuhalten, wo er anhalten werde.

So fuhr das Schiff die ganze Alm entlang bis nach Almmonde, lief dort in die Maaß ein, aus dieser in die Linge, bis zu dem Damme von Arkel, den man Berenwaard heißet, und wo später ein Kloster gebaut wurde. Dort trat der Schwan ans Land, Herr von Arkel folgte ihm, schlug alsbald seine Zelte dort auf und stellte das verwüstete Schloß wieder her.

Zum Danke für die wunderbare Führung des Schwanes nahm Jan von Arkel später dessen Flügel als Helmzeichen an, wie man heute noch schauen kann.

Dieß hat sich zugetragen gegen das Jahr der Geburt unsers Herrn sechshundert in die neunzig, denn man liest, daß Jan von Arkel um 694 die Kirchen von Arkel, Hoorn und Hagestein wieder aufbauen ließ, welche 697 von Sankt Swibertus, dem Jünger und Mitgesellen des heiligen Wilibrord, eingeweiht worden sind.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 32-34.
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