[11] 7. Walcheren.

[11] Hugo floriacensis.

Gouthoven, Chronycke van Hollant etc. Delft. 1585. fol. 11. d.


Als die Stadt Rom zweihundert und einige zwanzig Jahre gestanden hatte, regierte in dem belgischen Lande in der Grafschaft Hennegau, da wo nun die Stadt Bergen steht, ein Fürst, der Leo hieß, und als der gestorben war, kuren die Belgier einen andern, und dessen Name war Walachryn. Als dieser zu einem Herzoge und Prinzen angenommen war, vertrieb er zur Stunde Alle aus dem Lande, welche edeln Geschlechts waren, ausgenommen die Priester. Viele der Edeln, welche seine Tyrannei nicht vertragen konnten, zogen auch freiwillig weg und versammelten sich in Blandin im Lande Flandern, welches nun Gent heißet, und machten diese Stadt stark und fest, um dort sich vor allem Unrecht zu schützen. Auch stifteten sie die Stadt Nervien, welche nun Dornik genannt ist.

Darnach stellte Walachryn neue Gesetze und Gebräuche auf und machte Alles zu nichte, was andere Könige und Herrn angeordnet hatten. Er beraubte die Tempel der Götter ihrer Zierrathen und Kleinodien und schmückte damit seine Weiber; die Zinspfennige und Tribute der Götter zog er gleichfalls ein, und nahm am Ende aus großem Hochmuth und Vermessenheit das priesterliche Amt über sich und brachte dem Gotte Belus Opfer. Darob strafte ihn der oberste Priester des Tempels und Walachryn wagte es, ihn todtschlagen zu wollen vor allem Volke. Als das Volk aber das sah, da stand es gegen Walachryn auf und vertrieb ihn mit seiner Familie aus der Stadt, schlug auch viele seiner Diener todt. Binnen drei Tagen darnach kam er mit großer Waffenmacht wieder, die Stadt zu gewinnen, aber die[12] Bürger gingen ihm also kräftig entgegen und in so großer Anzahl, daß sie ihn verjagten und vertrieben bis über die See.

Als nun Walachryn sah, daß er gegen das Volk nichts ausrichten könne, ist er mit all seinen Knechten zu Schiffe gegangen und über die See gefahren, bis er an ein Eiland kam, welches noch wild und unbewohnt war und lag unter den Eilanden von Seeland. Daselbst festigte er sich, bedeichte die Insel und machte sie stark mit hohen Wällen gegen das Fluthen des Seewassers und nannte sie nach seinem Namen Walachria, welches nun Walcheren ist.

Lange Zeit besaß er dieß Eiland mit seiner Nachkommenschaft und von ihm stammen ab und sind entsprossen die Herzoge von Walcheren.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 11-13.
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