VI

Waffeln backen[305] 9

Es war einmal ein wohlhabendes Ehepaar, das ein einziges Kind, eine Tochter, hatte, und dieselbe so sorgfältig hütete, dass sie niemals unter die Leute kam, keine Sonnabendsferien wie andere Mädchen haben durfte und über nichts in der Welt ordentlich Bescheid erhielt, so dass sie weder wusste wie die Mannsleute von Natur beschaffen sind, noch auch sonst etwas lernte als Waffeln backen; das aber verstand sie ganz perfect. »Du must dich genau vorsehn und das abscheuliche Mannsvolk dir vom Leibe halten, sonst wirst du eine alte Jungfer,« sagte die Mutter zu ihr, und das[305] versprach denn auch das Mädchen, denn eine alte Jungfer wollte sie durchaus nicht werden. Endlich kam ein Freier, der den Eltern zusagte, und diesem gaben sie die Tochter. In der Hochzeitsnacht machte sich der Bräutigam daran zu thun was Rechtens war, allein die Braut wollte es durchaus nicht gestatten; er versuchte auf jede mögliche Weise seine Absicht auszuführen, es war aber alles vergeblich; denn die Braut kreischte und schrie nur immer fort, ihre Mutter hatte zu ihr gesagt, sie solle sich das abscheuliche Mannsvolk nicht an den Leib kommen lassen. Da stand er zuletzt auf und klagte der Schwieger, wie es ihm erginge. »Ei was, sprach diese, kehre dich nicht daran und sage bloss zu ihr, du wollest Waffeln backen.« Gesagt, gethan, er begab sich zur Braut zurück, und als diese bei einem neuen Angriffe es noch viel schlimmer machte als vorher, sagte er endlich zu ihr: »Jetzt ist es genug; komm nun, wir wollen zur Veränderung Waffeln backen.« Ja, damit war sie zufrieden. »Ich habe einen vortrefflichen Quirl, fuhr er fort, und du hast ein hübsches kleines Pfännchen zwischen den Beinen; darin wollen wir den Brei zurecht machen und herumrühren.«[306] Hierauf ging nun das Rühren und Backen los, wobei die Braut zuletzt wacker mithalf, bis der Bräutigam endlich müde wurde. »Nur zu, nur zu!« sprach sie da. – »Ich kann nicht mehr,« versetzte jener. – »Und warum kannst du denn nicht mehr?« fuhr sie fort und benahm sich ganz unbändig. – »Der Griff am Waffeleisen ist mir abgebrochen,« antwortete der Bräutigam. – »Ha, ha, ha! lachte sie dann auf; ja das will ich wol glauben, denn ich merkte gleich, dass mir der Brei in den Hintern lief.«

Quelle:
[Asbjørnsen, P. C.:] Norwegische Märchen und Schwänke. In: Kryptádia 1 (1883), S. 293-332, S. 305-307.
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