Die Krügerin zu Eichmedien.

[119] Eine Krügerin zu Eichmedien (zwischen Rhein und Rastenburg) war so gottlos, den Bauern öfters zwei Stof Bier statt eines anzuschreiben. Die Bauern aber merkten das, und als es nun zur Bezahlung kam, hielten sie ihr den Betrug vor und sprachen zu ihr: Wollt ihr zu Gott kommen, so müßt ihr recht thun. Andere sprachen: Sie hat zu Gott nicht Lust, sondern zum Teufel. Die Krügerin aber fing darauf an sich zu verfluchen, daß sie der Teufel mit Leib und Seele vor ihren Augen wegnehmen sollte, wo sie ihnen auf einen Stof Unrecht gethan hätte. Der Teufel aber hat nicht gesäumt, ist stracks in die Stube gekommen und hat sie vor ihren Augen angefaßt. Dabei ist ein schreckliches Sausen und Brausen in der Stube geschehen, und die Anwesenden haben sich so erschrocken, daß sie für todt zu Boden fielen. Der Teufel aber hat sie zum schwarzen Gaul gemacht und ist auf ihr denselben Abend nach Schwarzstein vor die Schmiede geritten, da hat er den Schmied geweckt und von ihm verlangt, er sollte ihm seinen Klepper beschlagen. Der Schmied wollte nicht, da das Feuer schon ausgelöscht, und auch sein Gesinde zur Ruhe gegangen war. Aber der Teufel hat nicht nachgelassen, sondern hat gesagt: Ich habe Briefe, die muß ich noch diese Nacht zur Stelle bringen; wo du nicht wirst aufstehen und mir meinen Klepper beschlagen, so will ich dich vor meinem gnädigsten Herrn verklagen. Da erschrak der Schmied, stand auf und fertigte die beiden Hufeisen. Wie er nun aber die Eisen dem Pferde auf den Fuß gelegt hat, fing das Pferd an zu reden und sagte: Nur sacht, Gevatter, denn ich bin die Krügerin aus Eichmedien. Der Schmied erschrak, daß ihm die Zange sammt dem Eisen aus den Händen fiel. Der Teufel hat ihn immer angetrieben, sich zu fördern, denn er müßte noch die Nacht mit den Briefen zur Stelle sein. Aber der Schmied, halbtodt vor Entsetzen, kam mit der Arbeit nicht vorwärts[119] und endlich krähte der Hahn. Da ist das Pferd wieder zum Menschen geworden. Der Teufel hat die Krügerin dreimal aufs Maul geschlagen, daß ihre Lebtage seine Finger und Klauen in den Backen zu erkennen waren, »sind also wie Theer geronnen gewesen«, und ist verschwunden. Die Krügerin hat hernach noch ein halbes Jahr gelebt, aber sie ist umhergelaufen wie »ein unsinniges Mensch« und konnte weder eingesperrt noch angebunden werden; auch die Sprache hatte sie verloren. Die Hufeisen wurden zu Schwarzstein in die Kirche gehängt, wo sie noch der Bischof Paul Speratus bei einer Kirchenvisitation im Jahre 1562 gesehen hat. Diese Begebenheit soll sich im Jahre 1473 ereignet haben.1

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Sie wird noch ausführlicher erzählt im Erläuterten Preußen, Bd. 1, S. 195–200 und 858. Vgl. Hennenberger. S. 429. Tettau und Temme, Volkssagen, S. 193.

Quelle:
Toeppen, M.: Aberglauben aus Masuren, mit einem Anhange, enthaltend: Masurische Sagen und Mährchen. Danzig: Th. Bertling, 1867, S. 119-120.
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