Uebelbelohnte Dienstfertigkeit.

[31] In Guarda lebte ein Mann mit seiner Frau in Unfrieden. Als der einmal auf einer Bergwiese sein Heu aufladen sollte, um es nach Hause zu führen, hatte er Niemand, der ihm dabei Hülfe leistete, denn seine zänkische Frau wollte ihm nicht helfen. Da erschien eine Diale und half ihm sein Fuder laden. Er hielt sie für ein gewöhnliches Weib. Als sie aber auf dem Fuder stand, bemerkte er ihre Ziegenfüße und dachte bei sich selbsten, nun sei er übel dran, der Teufel stehe auf seinem Fuder. Die Diale fragte ihn nach seinem Namen; er dachte aber, dem Teufel wolle er seinen Namen nicht sagen und antwortete: »Ich selbst« (Eug suess). Und als das Fuder geladen war, stach er der Diale die eiserne Heugabel durch den Leib, in der wirklichen Meinung, nun habe er den Teufel umgebracht und fuhr dann rasch davon. Die Diale ließ einen durchdringenden Schmerzensschrei hören, und bald sammelte sich eine große Anzahl Dialen um sie herum und fragten: »Wer hat das gethan?« Sie gab sterbend zur Antwort: »Ich selbst.« Da sagten die Andern: »Was man selbst thut, genießt man selbst« (Chi suess fà, suess giauda). Seit dieser Zeit aber wurden in Wald und Feld keine Dialen mehr gesehen.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 31-32.
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