1. Schatz auf der hohen Rialt.

[80] Zwei Jäger, Schrötenthaler mit Namen, gingen einst auf die hohe Rialt auf die Jagd.

Als sie dort an einer der Burg-Ruinen vorbeigingen, bemerkten sie auf einmal im Gemäuer eine offenstehende eiserne Thüre, die sie sonst, so oft sie auch an der gleichen Stelle schon vorbeigegangen, gar nie noch bemerkt hatten.

Verwundert darüber, traten sie näher, schauten in den Thurm, erblickten aber nichts Anderes, als einen Haufen Nußschaalen von ungewöhnlicher Größe.

Der Eine trat in den Thurm, nahm einige solcher Schaalen zu sich, um sie seinen Kindern zum Spielen zu geben.

Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als er zu Hause seine Schaalen auskramend, an ihrer Statt lauter schwere Goldstücke von seltsamem Gepräge besaß. – Er erzählte seinem Cameraden von der wunderbaren Verwandlung, und nun hatten die Beiden nichts Eiligeres zu thun, als noch einmal auf[80] die hohe Rialt hinaufzusteigen, um auch die andern Nußschaalen zu holen; – aber von der eisernen Thüre und den Nußschaalen war nichts mehr zu sehen.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 80-81.
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