305. Weisshaslen und Mistel.

[213] Im Hältäli im Maderanertal kehrte einst ein fahrender Schüler ein. Er bemerkte, dass der Bauer niedergeschlagen einherging, und dass die Familie mit der zahlreichen Kinderschar den besten Koch, nämlich den Hunger, angestellt hatte. Teilnahmsvoll fragte er nach ihrem Kummer. Da öffnete ihm der Bauer sein Herz und klagte ihm seine Armut. »Biss kei Narr,« tröstete der Fremde, »du hast Geld genug in deinem Eigen. Gehe hinauf zuoberst ins Hältäli, dort findest du eine Weisshaslen und daran eine Mistel. So hoch die Mistel am Strauche, so tief grabe unter dem Strauche in den Erdboden, und du wirst reich genug sein.« Das Schuldenbäuerlein beeilte sich, den Ratschlag auszuführen. (Was er gefunden, ob Geld oder Alraune, wusste mein Gewährsmann, der Wächter der Windgällenklubhütte, nicht.)


Franz Epp.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 213.
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