1501. Die mörderische Katze.

[285] Ein Herr in Altdorf hatte seine Katze unerhört gern. Wie ein Mensch durfte sie mit ihm essen und nachts bei ihm im Bette schlafen. Eines Tages hatte dieser Herr eine grosse Gesellschaft bei sich, der er ein Mahl bereitete, während dessen die Katze eingesperrt blieb. Am nächsten Morgen fand man den Herrn tot im Bette, ganz verkratzt. Jetzt fassten sie Argwohn gegen das Tier und setzten es auf die Probe. Zu dem Zweck legten sie den Leichnam auf die Stubendiele und umschlangen ihn mit einem langen Strick, dessen Ende sie durch eine Öffnung der Türe in ein Nebenzimmer leiteten, von wo aus sie die Katze beobachten wollten, die sie bei der Leiche einsperrten. Als sie am Stricke zogen und der Tote anfing zu weiggelen: Jöttet, jöttet! wiä syg diä Chatz uff-nä los und hinder-nä-här und häig-ä v'rbissä-n- und v'rchräbblet!


Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp, und a.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 285-286.
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