1502. D'Mihlibachgeiss.

[286] Wenn allemal der Weibel-Toni abends spät aus dem Rate von Altdorf kam, gesellte sich etwas hinter Hergerig eine schwarze Horngeiss zu ihm und begleitete ihn bis zum vordern Mühlebach, indem sie zu seiner Linken auf der hohen Mauer am Bergabhang dahinschritt. Mit der Zeit aber verleidete dieser Kamerad dem Ratsherrn, und eines Abends packte er das Hornvieh unversehens bei den hintern zwei Beinen und schleuderte es in den Mühlebach hinunter. Das chlotterte wie eine dürre Kuhhaut. Doch jetzt packte ihn der Schrecken, und in jähem Lauf rannte er auf sein nahes Heim in der Rütti zu, schlug in der Hast die Haustüre ein und flüchtete sich in die rettende Stube, wo er totaschenbleich auf einen Stuhl niedersank und auf den Tod krank wurde.


Jos. Gisler, 61 Jahre alt, von Spiringen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 286.
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