1529. Gemsjagd z'alten Mittwoch.

[300] Es war z'alten Mittwoch, als der Steinbergliger-Kari mit der Büchse zu mir auf den äussersten Wang ennet der Märcht kam und mich einlud, mit ihm auf den Glatten auf die Gemsjagd zu kommen. Ich lehnte in Hinsicht auf den Tag ab, ohne aber diesen Grund zu nennen, und liess den Kari allein mit der Büchse gehen. Am Abend kam er totaschenbleich zu mir und machte mir Vorwürfe, dass ich ihn am Morgen nicht auf den z'alten Mittwoch aufmerksam gemacht habe, und erzählte, er habe in einer Mulde einen ganzen Truppel Gemsen gesehen und habe auf sie geschossen. Aber da seien die Tiere nur so auseinandergesprungen und hätten sich sofort wieder zusammengerottet. Auf seinen zweiten Schuss seien sie scheinbar im Schrecken aufgehüpft und hätten ihm dann wie mit den Hörnern gewunken. Getroffen habe er keines, obwohl sie dicht beieinander gestanden. Und das habe ihm denn doch anfangs gegraust.


Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Altdorf.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 300.
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