1541. Die vier Wildsäue.

[304] Wenn wir Buben allzu eifrig dem Spiel »Sywli trybä« oblagen, hat uns allemal der Vater folgende Geschichte erzählt:

Einst schwänzten vier Meier-Buben den Sonntagsgottesdienst, gingen in ein Berggut hinauf, ich meine, in den Geren, und fingen an »Sywli trybä«. Während die Leute in der Kirche waren, hörten sie auf einmal etwas um die Kirche herum so knurren. Sie fürchteten sich, und der Sigrist stieg in den Kirchturm hinauf, um von hier aus Umschau zu halten. Und da erspähte er die vier Buben droben im Berg beim Spiel und vier gewaltige Wildsäue, die in einiger Entfernung von ihnen bereit standen, sich auf die Buben zu stürzen. Hoch und mächtig sträubten sich die Borsten auf ihren Rücken. Die Buben aber waren so in ihr Spiel vertieft, dass sie die Gefahr, in der sie schwebten, nicht merkten. Sofort pfiff und rief ihnen der Sigrist. Die Buben schauten auf. Sich umschauen und davon rennen, der Kirche zu, war das Werk eines Augenblicks. Das war ihre Rettung. Seitdem sei dieses Spiel in Meien lange Zeit ausser Brauch gekommen.


K. Dubacher, 35 Jahre alt, aus Meien.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 304.
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