1574. Über die Schulter schauen.

[321] Der Bummatter von Schattdorf diente als junger Bub auf dem Urnerboden. Eines Tages kam der Süffibalzi in die Alphütte, und der Bub forderte ihn auf, Geschichten zu erzählen. Da sagte der Balzi zu ihm: »So chumm und stah-mr hinnä-n-uff d'Färschälä und lüeg-mr uber d'Axlä.« Dr Büeb machi das, und da stäng Äinä-n-a dr Hittä-n- und schytti Holz. Uff das syg der Büeb trürigä gsy und wiä z'Bodä gschlagnä. Der Meister fragte ihn nach dem Grunde seiner Niedergeschlagenheit, aber der Bub wollte es nicht sagen, auch dann noch nicht, als er zum zweiten Male gefragt wurde. Am dritten Tage machte der Meister ernst und sagte: »Und jetz müesch-m'r's sägä, susch müesch uss d'r Alp.« Jetzt bekannte der Bub, es stehe ihm beständig einer auf die Fersen. Sofort ging der Bauer mit ihm bis nach Altdorf zum Kumisari. Der forderte den Bub auf, er solle niederknien und beten. Das tat er, und der Kumisari betete mit ihm. Drei volle geschlagene Stunden, bis der Bub befreit war! Hätte dieser noch drei Tage mit dem Bekenntnis zurückgehalten, so hätte es Gewalt bekommen, ihn zu töten.


Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 321.
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