1038. Die dankbaren Toten vertreiben Obstdiebe.

[26] G'schändige Nachtbuben plünderten einem Bauer nicht selten die Kirschbäume. Solches verdross ihn, das kann man sich ja denken. Statt aber den Schelmen zu fluchen, liess er für die armen Seelen eine heilige Messe lesen. Da sich die Diebe eines Nachts wieder über die leckern Früchte hermachen wollten, erblickten sie auf dem Baume ein Lichtlein, und sie wagten es nicht, den beabsichtigten Besuch abzustatten. Den Bauer fragten sie eines Tages, warum er seine Bäume beleuchte. Dieser wusste sofort, mit wem er es zu tun habe, und meldete ihnen, er habe Soldaten angestellt, um die Kirschendiebe zu vertreiben.


Frau Wipfli-Herger, Schattdorf; Zäzilia Gisler-Walker;

Josefa Imhof-Aschwanden.


Der Chronik des Frauenklosters in Altdorf entnehmen wir die folgende Sage:

Es hat sich in unserm Hof zu Ettighausen, allwo das alte Kloster gestanden, zugetragen, dass drei Männer über die Mauer gestiegen Willens Biren zu schütteln. Da der einte schon auf dem Baum und die andern auflasen, da kommen zwei oder drei Klosterfrauen aus dem alten Klostergemäuer herfür, mit unserm Habit und Weiller1 bekleidet, welche sich eben unter diesen Baum verfügen und in ihre Fürtüecher das Obst auflesen, ob welchem diese drei Männer heftig erschrocken. Die zwei, so auflesen, springen in Eil wieder über die Mauer hinüber, der dritte in vollem Schrecken ab dem Baum herab und alle drei machen sich eilfertig in die Flucht. Der einte, so auf dem Baum gewesen, ist darauf tötlich erkrankt (18. Jahrhundert).

Fußnoten

1 Schleier.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 26-27.
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