1169. Im Wohnhaus im vordersten Ried

[88] zu Bürglen belästigte ein Ungeheuer die Insassen und spielte ihnen arge Streiche. Das verleidete ihnen zuletzt, und sie liessen den Kaplan (Sebastian Heinrich Senn, gest. 1755), kommen, dass er es verbanne. Er leistete dem Rufe Folge. Wie er vom Stigli her unten durch das Landgut heraufkam, rief ihm das Ungeheuer, indem es spöttisch in die Hände klatschte, entgegen:


»Herr Sänndli!

Hesch äs Fiddlä wiennes Pfänndli!«


Herr Senn drohte nur mit dem Finger und sagte: »Wart nur, bis i dobä bi, dä zahmisch de scho nu!« Und richtig, kaum hatte er mit seinem Bannspruch begonnen, fiel das Ungeheuer kniefällig vor ihm nieder und bat flehentlich, er möchte es doch wenigstens unter Dach lassen. Die Leute empfanden Mitleid mit ihm und liessen es im Hause unter der Bedingung, dass es sie nicht mehr belästige. Nach vielen Jahren (ca. 1840–45) brannte das Haus ab, und aus dem brennenden Hause sah man eine weisse Taube gegen den Himmel fliegen.


Frau Arnold-Planzer, Bürglen.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 88-89.
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