Liebeszauber.

[117] Wenn ein Mädchen die Liebe eines »Jungen« [Bursche, Jüngling, junger Mann, gólc) haben will, so soll sie – sich die Nacht über ein Käulchen Semmel oder Zwieback, oder einen Apfel328 (jabłuko) zwischen den Beinen auf das Gemachte (klin) legen, es da durchschwitzen lassen und dann dem Jungen zu essen geben, so kann er nicht von ihr lassen. B.

– wenn sie sich zufällig schneidet, Blut in ein Bierglas tropfen und mit dem Biere (piwo) trinken lassen. Dann muss der Trinkende sie lieben. B.

– etwas essbares unter den Arm (in die Achsel) thun, dasselbe durchschwitzen und dann zu essen geben. B.

– eine lisćowa žaba, einen Laubfrosch [Hyla arborea] haschen und den Jungen mit demselben anrühren; dann ist er ihr gut. S.

– sich in den Finger schneiden, dass Blut kommt und das Blut in einen Apfel oder eine Semmel »hineinlassen« und dem Burschen zu essen geben. S.

– in einen Apfel, Birne, Semmel oder dergleichen mit einer Nadel hineinstechen, einen Tropfen von ihrem cas hineinthun und es dem Jungen zu essen geben.329 S.[117]

– ihn von ihrem Geblüte, aber nur sehr wenig, irgendwie trinken lassen, oder einen Apfel durchschwitzen und dergl. mehr. G.-S.

Wenn ein Bursche von einem Mädchen geliebt sein will, so soll er ein Semmelkäulchen unter den Arm nehmen, tanzen und es durchschwitzen lassen, und dasselbe heimlich dem Mädchen zu essen geben. B.

– dem Mädchen, wenn es schläft, dreimal Haare hinten am Nacken abschneiden und sie in der Westentasche tragen. B.

– in einen Ameisenhaufen330 einen lebenden Frosch bineinthun und soweit weggehen, dass er nichts sieht und nichts hört, dann nach einigen Stunden wiederkommen und eine »Hand« (ruku) des Frosches nehmen, dann dem Mädchen eine Hand geben und ihr dabei die Froschhand in ihre Hand drücken. Preilag.

– ihr drei Tropfen von seinem Blute eingeben. S.

– sich in den kleinen Finger der linken Hand schneiden und Blut lassen, und dasselbe heimlich dem Mädchen zu essen geben. S.

– Nachts einen Apfel auf das Gemächte legen und dann dem Mädchen zu essen geben. B.

– sich Haare von ihrem Gemächte verschaffen, sie in eine Nähnadel einfädeln und so bei sich tragen. G.-S.

Wenn man will, dass ein Mädchen einen Burschen nicht lieben soll: den Sand nehmen, wo zwei Hähne sich gebissen haben, und ihn zwischen das Mädchen und den Jungen schmeissen. S.

– einen Frosch in einen Ameisenhaufen (mrojowišćo) legen und nachher die abgefressenen Knochen in die Röcke der Liebenden einnähen, so fassen sie kurze Zeit Liebe zu einander, hassen sich dann aber für immer. S.

Wenn ein Mann die Liebe (lubosć) eines Mädchens (oder umgekehrt), los sein will, so soll er sich bloss so ritzen oder schlagen, dass Blut kommt, dann geht die Liebe fort. B.

– in den Schuh harnen und das Mädchen daraus trinken lassen. Heiligensee. I. 243.

Wenn man will, das ein Bursche und ein Mädchen, die sich lieben, auseinanderkommen, so soll man, wenn sie spinnen eine Kreuzspinne, z śćižom pawk [S. śćižny pawk Epeira diadema] zwischen sie durchwerfen, dann hassen sie sich. S.

Wenn zwei sich lieben und wollen sich heirathen und man will es verhindern, so soll man, wo zwei Backöfen mit den »Aerschen« [Hinterseiten] zusammenstehen, etwas von den beiden Backöfen abkratzen, und zwar von[118] jedem neunmal, und das Abgekratzte zwischen die beiden Liebenden werfen. Dann können sie sich nicht mehr »sehen« [leiden] und ihre Liebe geht fort. B.

Wenn einer die Liebe seiner Braut los sein will, so soll er ihr ein Stück vom Hemde unter der Achsel ausschneiden und dasselbe zu Pulver verbrennen, dann ist die Liebe fort. Heiligensee.

Wenn ein Mädchen einem Jungen einen Liebesapfel geschenkt hat, so soll ihn der Junge in der Tasche behalten und am andern Morgen nach Sonnenaufgang ihn besehen. Ist etwas verfault oder madig, so bedeutet es, dass es auch mit Liebe so steht. S.

Wenn sich ein freilediges Mädchen auf einen [Hau-] Klotz331, kušk, setzt, so bekommt sie einen »dämlichen« [dummen] Mann. B.

Vor dem Kirchgange soll die Braut zu Hause vom Bräutigam332 sich zwei und einen halben Groschen einwechseln. Der Bräutigam darf aber nicht wissen, wozu sie es haben will. Dann soll sie das Geld in ihre Schuhe thun und bei der Trauung darauf stehen; dann hat sie immer Geld. B.

– in den einen Schuh einen Kern von jeder Frucht, und in den anderen Geld thun, das bedeutet dann viel Glück.

328

Liebesäpfel geben bisweilen Mädchen einem Burschen gelegentlich des »Schäbenabklopfens« (pazdźeŕe třěsć), aber der in Liebesdingen erfahrene isst solche nicht. Wer in eine Spinnstube eintritt, hat das Recht, den Mädchen die Schäben, die beim Spinnen abfliegen, vom Kleide abzuklopfen und kann dafür einen Apfel verlangen. Aepfel, sowie Backpflaumen (pjacenica) und gedörrte Kürbisskerne (packi) haben die Spinnerinnen meist bei sich, um sie an den langen Spinnabenden zu verzehren.

329

Wenn ein Mädchen jemandes Liebe haben will, so soll sie sich drei Haare vom Arme und etwas Haut vom Kniee abschneiden, beides in Kuchen einbacken und dem Geliebten zu essen geben, oder drei Tropfen von ihrer Regel nehmen und unpaarige Haare (3, 5, 7), vom Gemächte, ganz klein schneiden, dass sie gar nicht mehr sichtbar sind, und beides in Quetsch-[Reibe-, Stampf-] Kartoffeln (stapane knydle) dem Geliebten zu essen geben. – Wenn man einem Mädchen das Hemde mit dem Blut (křej) von der Regel wegnimmt und es im Pferdestall unter die Krippe (žłob, koryto) legt, dann verfault das Mädchen allmälig so wie das Hemde. Konitz in Preussen. – Wenn einem Mädchen der Liebste untreu wird, soll sie sich das Herz von einem Hammel (skop) oder sonst einem Thiere kaufen, voll Stecknadeln (glicka) stecken und kochen. Ebenso schnell wie es kocht, kehrt die Liebe des Mannes zurück. Oder man soll ganz klein geschnittene Haare vom Gemächte auf Brot oder sonst in Speise essen lassen (Burschen wie Mädchen). – Wenn eine junge Frau nach der Trauung am Abend tanzt, so soll sie ihrem Manne das nasse [durchgeschwitzte] Hemde wegnehmen. So lange sie das hat, kann er nicht von ihr und liebt sie. Friedeberg (Neumark). – I, 223, Anm. 1. In Venushaare, venus włosy, [die Haare vom Gemächte] ist für das fälschlich gedruckte V, v ein F, f zu lesen, denn es wird Fenus von den Wenden gesprochen. Vergl. Panzer, Bayerische Sagen, 155 »Venibuck, (v = f gesprochen)«.

330

Ameise in der Mark: Miere (w. mroja).

331

Wer bei einem, der Spinnrädchen macht oder sonstwie in Holz arbeitet, in der Stube den Fuss auf den Klotz setzt, wer zuerst über eine neue oder ausgebesserte Brücke geht, muss etwas zum Besten geben; ebenso sich lösen mit einem Geldgeschenk, wer bei der Heu-, Grummet- auch Kartoffelernte, beim Flachsbrechen, in der Spinnstube (oder wo sonst der Fremde in eine solche Arbeitsgesellschaft hineingeräth) mit einem Bande um den Arm gebunden ist. B.

332

Bräutigam, nawoženja, Braut, ńeẃesta, Brautführer, družba (bei den Niederwenden pobratř), der Brautgeselle zagolca, die erste Brautjungfer družka, die zweite swaźka, die dritte třidružka, das Geschenk des Bräutigams an die neue Hausverwandtschaft šenkowańe (dařenje, Hochzeitsgeschenk, Burg bei Burghammer). Witanje, Geschenk der Braut an die Insassen im Hause des Schwiegervaters. Burg, Spreewald.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 117-119.
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