Görlitz.

[4] In Görlitz19, oben am Thurme der Peterskirche, hatte ein Zimmermann etwas zu thun. Dabei rutschte er ab und hat sich beim Herunterfallen mit der Axt in einen Balken eingehauen; so hing er dort eine Zeit lang in der Luft. Dann breiteten die Leute unten an der Kirche Betten aus; darauf sollte er springen. Aber er sprang weiter auf das Pflaster und blieb todt liegen. Wo er heruntergefallen, ist noch ein Steinkreuz zu sehen; das hat man ihm gesetzt. Schleife.

In der Peterskirche sind in der Glocke drei Mauersteine. Wie der Meister die Glocke hatte giessen wollen, fehlte Erz und er wusste sich keinen Rath. Da drehte der Junge, als der Meister nicht da war, auf, denn er wollte allein die Glocke giessen. Weil nun Erz fehlte, nahm er drei Mauersteine und warf sie in den Guss hinein; die sind noch heute in der Glocke zu sehen.

In Görlitz hat auch einer einen Baum verkehrt eingepflanzt, zum Zeichen, dass er unschuldig war, und der Baum ist »fortgegangen«.

Bei Görlitz ist ein Berg, der heisst Jungfernsprung. Da war ein Räuber, der wollte ein Mädchen fangen. Da ist sie in ihrer Angst viele tausend Schritt weit gesprungen, davon der Name: Mägdesprung. S.

19

Zgorelc.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 4.
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